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People | 07.03.2022

Hier sind die Chefinnen

Lange Zeit suchte man sie vergeblich, die Frauen an der Spitze von Chefredaktionen. Nicht so in Oberösterreich, denn langsam, aber sicher bewegt sich etwas bei uns im Land – mittlerweile haben auch bei den zwei größten Tageszeitungen Frauen das Sagen.

Laut dem aktuellen Journalismus-Report vom Medienhaus Wien sind mittlerweile 47 Prozent weibliche Journalistinnen und 53 Prozent männliche Journalisten in Österreichs Redaktionen vertreten. Bei den Leitungsfunktionen sieht es allerdings anders aus, denn immer noch sind hier zwei Drittel Männer an der Spitze. „In den Chefredaktionen gibt es nach wie vor eine unübersehbare Männerdominanz. Insbesondere bei Tageszeitungen sind Chefredakteurinnen nach wie vor Einzelfälle“, sagt Martina Madner, eine der beiden Vorsitzenden des „Frauennetzwerk Medien“, einem überparteilichen Verein für Journalistinnen und Frauen in Medienberufen, der 1999 in Wien gegründet wurde und inzwischen mehr als 300 Mitglieder zählt. 

Entgegen diesem Trend hat sich die oberösterreichische Medienlandschaft in den vergangenen zwei Jahren gemausert. Seit 1. Jänner 2021 leitet Alexandra Halouska die Chefredaktion der „Oberösterreich Krone“ und mit Susanne Dickstein haben die „Oberösterreichischen Nachrichten“ seit Jahresbeginn 2022 als einzige Bundesländerzeitung eine Chefredakteurin. Aber auch bei Magazinen wie „Welt der Frauen“ (Sabine Kronberger), „Die Macher“ (Susanne Winkelhofer), „Oberösterreicherin“ (Ulli Wright), „Wels im Bild“ (Denise Derflinger) und bei den Privatfernsehsendern „LT1“ (Patricia Brock), „Mühlviertel TV“ (Elisabeth Keplinger-
Radler) haben vielfach die Frauen das Sagen. 

Wir nehmen den diesjährigen Weltfrauentag zum Anlass und stellen Chefredakteurinnen von oberösterreichischen Printmedien näher vor. Dabei haben wir unter anderem nachgefragt, wie es gelingen kann, in der Medienbranche Karriere zu machen, wie sie mit Macht und Verantwortung umgehen und wie sich die zunehmende Präsenz von Frauen in Spitzenpositionen auf die Inhalte auswirkt.

People | 07.03.2022

Aufzeigen, wenn sich Chancen auftun

Susanne Dickstein ist seit Jahresbeginn Chefredakteurin der „Oberösterreichischen Nachrichten“. Davor war sie seit 2011 stellvertretende Leiterin des Wirtschaftsressorts. Die 46-Jährige hat BWL in Linz und Frankreich studiert und die Konzernkommunikation des Unternehmens Miba AG geleitet. Die Mutter einer Tochter (12) ist seit 16 Jahren mit ihrer Studienliebe verheiratet.

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© OÖN/Volker Weihbold

OBERÖSTERREICHERIN: Sie waren in den vergangenen zehn Jahren stellvertretende Ressortleiterin des Wirtschaftsressorts der OÖ Nachrichten. Seit Jahresbeginn sind Sie Chefredakteurin. Was ist der gravierendste Unterschied zu vorher und wie gefällt Ihnen Ihre neue Aufgabe?

Mag. Susanne Dickstein: Als mich Gerald Mandlbauer gefragt hat, ob ich seine Nachfolge antreten will, musste ich nicht lange überlegen. Chefredakteurin der größten Zeitung des Landes zu sein, ist eine ebenso verantwortungsvolle wie spannende Aufgabe. Ich gehe meine neue Aufgabe mit viel Enthusiasmus an, aber auch mit Demut gegenüber den Leserinnen und Lesern – und dem Wissen, mit der besten Redaktion des Landes zu arbeiten. Chefredakteurin ist – im Unterschied zur stv. Leitung des Wirtschaftsressorts – nicht  nur journalistische Arbeit, sondern auch eine Management- und Repräsentationsaufgabe.

Was fasziniert Sie generell am Journalismus?

Mein Herz schlägt für den Journalismus. Es ist ein einzigartiger Beruf: Man lernt unterschiedlichste Menschen kennen, kann selbstständig arbeiten, kein Tag ist wie der andere.  In unserem Team können wir täglich über Fortschritt berichten – aber auch Missstände aufzeigen und dadurch Verbesserungen bewirken. Umgekehrt war mein Wechsel zu einem internationalen Industrieunternehmen entscheidend, um neue professionelle und persönliche Erfahrungen zu gewinnen. Sie helfen mir, Dinge ganzheitlich zu betrachten.

Wie viele Redakteure und Redakteurinnen arbeiten in Ihrem Team?

Wir sind rund 100 Journalistinnen und Journalisten, das Verhältnis Frauen zu Männern ist ausgeglichen.

Als Chefredakteurin haben Sie eine große Verantwortung und auch Macht. Wie gehen Sie damit um?

Vor vielen Jahren hat mir eine arrivierte Kollegin gesagt: „Bilden Sie sich nichts ein, wenn Amts- und Würdenträger Sie auf der Straße grüßen. Sie grüßen die Hunderttausend Leser, die hinter Ihnen stehen.“ Kritische Distanz und keine Verhaberung waren in der Medienlandschaft nie wichtiger als heute. Als Journalisten haben wir genauso viel Macht, wie uns vom Leser gegeben wird. Wir werden heutzutage in den Sozialen Medien mit Information geradezu überschwemmt. Die Macht und gleichzeitig die Verantwortung von uns Journalisten liegen in der unabhängigen Überprüfung und kritischen Einordnung von Inhalten.

Wie viel Platz stellen Sie in Ihrem Medium Frauenthemen zur Verfügung?

Wir haben vor drei Jahren den ersten OÖN-Frauentag aus der Taufe gehoben, um die Zeitung weiblicher zu machen. Dazu hat sich ein Team aus zehn Redakteurinnen formiert, das eigenverantwortlich Organisation und Berichterstattung abwickelt. Heuer dürfen wir unter anderem Erika Pluhar, Beate Meinl-Reisinger, Monica Weinzettl und Gerda Rogers  beim OÖN-Frauentag am 4. März begrüßen. Die Frauentage haben einen entscheidenden Beitrag geleistet, die Berichterstattung weiblicher zu machen. Die Mediaanalyse, der zufolge wir bei den Leserinnen zugelegt haben, spiegelt unseren Erfolg. Aber ich bin überzeugt, da geht noch mehr!

Was zeichnet eine gute Journalistin aus?

Unabhängigkeit, ein gutes Netzwerk, Neugier, Interesse für Menschen und die Hartnäckigkeit, Dingen auf den Grund zu gehen.

Worauf ist Ihre persönliche Erfolgsgeschichte zurückzuführen?

Was mich persönlich auszeichnet: Ich bin konsequent, wissbegierig, hinterfrage Dinge. Ich unterhalte mich gern, höre gut zu. Mein Karriereschritt erfolgte auf Basis meiner langjährigen Erfahrung, journalistischen Kompetenz und der Managementfähigkeiten, die ich in meiner Zeit in der Industrie entwickelt habe.

Print oder online – was ist Ihnen persönlich lieber?

Beides hat seinen Platz im Leben – auch in meinem: am Frühstückstisch die Printzeitung, unterwegs auf der Straße rasch ein Online-Update.

Welche Tipps geben Sie jungen Frauen, die im Journalismus Karriere machen wollen?

Wesentlich für Erfolg ist, dann aufzuzeigen, wenn sich Chancen auftun. Gleichzeitig empfehle ich Frauen, ihre Meinung deutlich zu sagen, wenn es um die Sache geht, auch um die eigene. Beides sind Eigenschaften, die Kolleginnen noch viel öfter zeigen sollten.

Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben?

Zuhören, eine Meinung bilden, rasch entscheiden.

Welche Karrierechancen haben Frauen bei Ihnen im Unternehmen?

Ich werde Talente fördern und entwickeln, egal welches Geschlecht sie haben. Ganz allgemein bin ich davon überzeugt, dass jedes Unternehmen davon profitiert, wenn Frauen und Männer Führungsaufgaben übernehmen. Da sehe ich noch immer viel Aufholbedarf.

Wie werden Frauen allgemein sowie auch Frauen mit Kindern in Ihrem Unternehmen unterstützt?

Wir haben individuelle Teilzeitmodelle und reagieren spontan auf familiäre Bedürfnisse.

Was bedeutet Gleichstellung für Sie und was fehlt in diesem Bereich noch?

Gleichstellung ist, wenn Männer und Frauen die gleichen Chancen und Verantwortungen angeboten bekommen und diese auch übernehmen. Als junge Akademikerin habe ich Frauenquoten strikt abgelehnt. Frei nach dem Motto: Ich schaffe es auch ohne … Je älter ich werde, desto stärker befürworte ich Quoten für Frauen, damit Firmen gezwungen werden, sich nach geeigneten Kandidatinnen umzuschauen. Dass Frauenquoten Erfolg bringen, zeigen Beispiele aus Österreich und Deutschland.

Haben Sie sich jemals benachteiligt gefühlt, weil Sie eine Frau sind?

Nein, eine gläserne Decke habe ich in meiner Berufslaufbahn nicht erlebt. Im Gegenteil, ich hatte Vorgesetzte und Mentoren, die mich gefördert haben.

Wie wichtig waren auf Ihrem Weg Vorbilder oder MentorInnen?

Mein Vorbild im Journalismus ist Marion Dönhoff (Chefredakteurin und Mitherausgeberin „Die Zeit“) für ihre Pionierleistung und ihren Mut. Mein persönliches Vorbild ist meine Mutter, die immer Vollzeit berufstätig war und uns Kindern dennoch nie das Gefühl gegeben hat, zu kurz zu kommen.

Wenn Sie einen Tag Frauenministerin wären: Was würden Sie umsetzen? 

Frauenquoten nicht nur im Aufsichtsrat, sondern auch im Vorstand.

Wo bzw. wie tanken Sie Kraft für das Business?

Bei der Wochenendwanderung mit meiner Familie im Salzkammergut.

 

 

People | 07.03.2022

Die Zeit mächtiger Chefredakteure ist auslaufend

Seit 1. Juli 2021 ist die Autorin, Journalistin und Moderatorin Sabine Kronberger Chefredakteurin bei „Welt der Frauen“. Zuvor war die 37-Jährige langjährig für die „Kronen Zeitung“ tätig. Sabine Kronberger ist zweifache Mutter, Landwirtin und Imkerin und lebt mit ihrer Familie in Steinerkirchen an der Traun.

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© Alexandra Grill

OBERÖSTERREICHERIN: Was ist für Sie die Faszination am Journalismus?

Sabine Kronberger: Journalismus übt seit jungen Jahren eine Faszination auf mich aus, weil es kaum einen anderen Beruf gibt, der näher an den Lebensthemen der Menschen ist und Fragen stellen darf, die einem sonst nicht erlaubt sind.

Wie viele Redakteure und Redakteurinnen arbeiten in Ihrem Team?

Bei „Welt der Frauen“ arbeitet ein 16-köpfiges Team mit vollem Einsatz und großem Teamgeist, der von viel Wertschätzung geprägt ist. Der Großteil ist weiblich, unser IT-Spezialist und unser Chef vom Dienst sind Männer.

Als Chefredakteurin haben Sie eine große Verantwortung und auch Macht. Wie gehen Sie damit um?

Die Zeit mächtiger Chefredakteure – hier verwende ich bewusst die männliche Form – ist auslaufend. Nur im Team mit den einzelnen Stärken, Visionen und Talenten jeder Kollegin erreicht man ungeahnte Möglichkeiten. Es ist keine leere Worthülse, wenn ich sage, dass in meinem Team keine strengen Hierarchien mehr bestehen. Letztlich die Entscheidungen zu treffen und die Verantwortung zu tragen, ist dennoch meine Aufgabe.  

Wie viel Platz stellen Sie in Ihrem Medium Frauenthemen zur Verfügung?

„Welt der Frauen“ ist das älteste Frauenmagazin Österreichs und stellt seit über 75 Jahren die Themen der Frauen in den Vordergrund. Wir stellen uns täglich die Fragen: Was bewegt Frauen? Was treibt sie an? Was hemmt sie? Wie können wir den Frauen Freundin, Meinungsbildnerin, Informationsquelle oder Inspiration sein? Und siehe da: Obwohl wir unser Magazin für Frauen ausrichten, zählen sich auch viele Männer zu unseren treuen Lesern. 

Was zeichnet eine gute Journalistin aus?

Hinschauen, hinhören, mitdenken, Echtes und Erlebtes wiedergeben und ein Gespür für die Menschen haben sind die wichtigsten Faktoren, die eine Journalistin mitbringen muss. Gepaart mit einer guten Rhetorik, einer Prise Schmäh und Willenskraft. 

Worauf ist Ihre persönliche Erfolgsgeschichte zurückzuführen?

Meine Erfolge sind selten öffentlich sichtbar. Es sind jene Momente, in denen sich Menschen durch einen Artikel berührt, aufgefangen, besser informiert als anderswo, wertgeschätzt, vor den Vorhang geholt, verstanden oder einfach besser gefühlt und mich direkt oder oft Jahre später darüber in Kenntnis gesetzt haben. 

Print oder online – was ist Ihnen lieber?

Beides ist auf seine Weise gut und spannend. Am besten ist die crossmediale Berichterstattung, also die Verbindung und gegenseitige Ergänzung beider journalistischen Welten. Aber in jedem Fall wird Printjournalismus mit Qualitätsanspruch nicht aussterben. Nichts riecht außerdem besser als ein frisch gedrucktes Magazin.

Welche Tipps geben Sie jungen Frauen, die im Journalismus Karriere machen wollen?

Eine junge Frau muss zu allererst Freude für diesen Beruf empfinden, sich zutiefst für Journalismus interessieren. Den alleinigen Willen zu publizieren haben viele Menschen, aber nur wer hart arbeitet, sich stetig weiterentwickelt und sich immerwährend fortbildet, hat heute auch Bestand in diesem Beruf. Mein dringender Wunsch an junge Frauen im Journalismus ist aber auch: netzwerken, Kontakte knüpfen und immer jemanden kennen, der jemanden kennt. Das hilft bei der Recherche, beim Entwickeln von Inhalten und beim beruflichen Vorankommen enorm. Bleibt hartnäckig und werdet sichtbar!

Ihr Führungsstil?

Ich führe teamorientiert, lasse viel Freiraum und fordere hohen persönlichen Einsatz. Aktionen wie gemeinsames Essen oder Naschen sind verbindende Faktoren und bringen viel Teamkultur in die Büroräumlichkeiten. Humor darf niemals fehlen!

Welche Karrierechancen haben Frauen bei Ihnen im Unternehmen?

Wir sind ein Frauenunternehmen – hier haben alle Frauen jede Chance, die sie ergreifen wollen. Meine Unterstützung haben sie schon aus purer Solidarität.

Wie werden Frauen allgemein sowie auch Frauen mit Kindern in Ihrem Unternehmen unterstützt?

Als ich zur „Welt der Frau Verlags GmbH“ gekommen bin, habe ich die Unternehmenskultur für Frauen UND Männer so kennengelernt, dass man hier mit Kindern immer optimale Rahmenbedingungen vorfindet. Ich bin selbst Mutter. Frauen erhalten von mir jede Unterstützung, die sie brauchen. Wer als Mutter Freiraum für selbstständiges, selbstermächtigtes Arbeiten erhält, gibt die resultierende Kraft daraus auch an das Unternehmen zurück. Davon bin ich überzeugt. Aber ich vergesse auch nie, die Mütter daran zu erinnern, dass die Kinder auch Väter haben.

Was bedeutet Gleichstellung für Sie und was fehlt in diesem Bereich noch?

Wir haben ein gemischtes Team, bestehend aus Männern und Frauen, wir leben vor, was die Welt, die Politik, die Wirtschaft und die Gesellschaft schon längst tun könnte. Gleiche Möglichkeiten mit Respekt vor dem jeweiligen Geschlecht, gleiche Rechte und Pflichten, gleiche Bezahlung und gleiche Chancen im Beruf sowie eine Absicherung im Alter – darum geht es. Und nebenbei auch darum, transparent und offen Menschen (egal welchen Geschlechts oder welcher religiöser Zuordnung) in ihrem Werden zu unterstützen. In Österreich würde ich mir mehr Hands-on-Mentalität statt feiner Worte oder Kampagnen zu Gleichstellungsthemen wünschen. Tun statt reden!

Haben Sie sich jemals benachteiligt gefühlt, weil Sie eine Frau sind?

Ja, durchaus. In männlich dominierten Wertesystemen, wo besonders ältere Männer aus anderen beruflichen Epochen das Sagen haben, ist eine Teilzeitmitarbeiterin weniger wertgeschätzt. Das habe ich gespürt und wurde in dieser Zeit weniger in Abläufe oder Entscheidungen eingebunden. Aber neue Zeiten bringen hier zunehmend auch neue Kulturen mit sich. Auch das System Afterwork-Meeting, das man als arbeitende Mutter meist meidet, war – wohlgemerkt vor der Pandemie – oft der Kleister für männliche Netzwerke, dort wurden Übereinkommen getroffen oder Informationen ausgetauscht. Hier hatte man als Frau mit noch kleinen Kindern Nachteile. Aber insgesamt bin ich sehr gerne Frau und erlebe diesen Wertewandel, der stetig vorangeht, als wohltuend und erfreulich.

Wie wichtig waren auf Ihrem Weg Vorbilder oder MentorInnen?

Leider fehlten greifbare Mentorinnen, ich habe meine journalistische Laufbahn in männlich dominierten Umfeldern gestartet. Eine Barbara Stöckl in ihrer journalistischen Wertschätzung für ihr Gegenüber, eine Publizistin Barbara Coudenhove-Kalergi für ihr ihre Weltoffenheit, eine Christine Haiden für ihre feine Feder, eine Mathilde Schwabeneder für ihre glasklare Rhetorik oder als Kind eine Danielle Spera in den Hauptabend-Nachrichten übten aber immer schon eine Faszination auf mich aus. 

Wenn Sie einen Tag Frauenministerin wären: Was würden Sie umsetzen?  

Ich würde mich bemühen, dass Frauen und Männer die Wichtigkeit der finanziellen Unabhängigkeit der Frau erkennen und unterstützen – und zwar mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Denn Gleichstellung beginnt bei gleichen Jobmöglichkeiten, gleicher Bezahlung und endet oft mit der weiblichen Care-Arbeit,  sobald das erste Kind da ist. Diese Lücke muss geschlossen werden, dann erst können auch gleiche finanzielle Voraussetzungen für Männer und Frauen geschaffen werden. Denn die Altersarmut bei Frauen muss ein Ende haben!

Wo bzw. wie tanken Sie Kraft für das Business?

Bei meiner Familie, beim stundenlangen Backen am Wochenende oder bei unseren Tieren am Hof. Aber auch beim Lesen von Magazinen, Zeitungen, Artikeln – dadurch entstehen viele Ideen und neue Zugänge. Auch die Begegnungen mit Leserinnen lassen einen Kraft schöpfen.

 

 

People | 07.03.2022

Den Mut für kontroversielle Themen haben

An der Spitze der „Kronen Zeitung“ in Oberösterreich sitzt mit Alexandra Halouska eine gebürtige Ottakringerin. Die 33-Jährige hat Publizistik und Kommunikationswissenschaft sowie Theater-, Film- und Medienwissenschaft studiert und ist seit Jänner 2021 Chefredakteurin der „OÖ-Krone“. Sie wohnt in Linz und Klosterneuburg.

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© Markus Wenze

OBERÖSTERREICHERIN: Was fasziniert Sie generell am Journalismus?

Alexandra Halouska: Dass kein Tag dem anderen gleicht. Dass man jeden Tag ein bisschen mehr von der Welt weiß. Und dass – wenn sie gelingt – eine richtig gute Geschichte ähnliche Glücksgefühle hervorrufen kann wie bei einem Spitzensportler, der als Erster über die Ziellinie läuft.

Wie viele Redakteurinnen und wie viele Redakteure arbeiten in Ihrem Team?

Insgesamt sind es acht Redakteurinnen und 14 Redakteure.

Als Chefredakteurin haben Sie eine große Verantwortung und auch Macht. Wie gehen Sie damit um?

Macht ist relativ. Sie kann schnell kommen und genauso schnell auch wieder vergehen. Genauso halte ich es auch. Letztlich hat ein Journalist nur so viel Macht, wie ihm sein Leser zugesteht. Alles steht und fällt mit Glaubwürdigkeit. Das bedeutet auch, sich politischer Einflussnahme zu entziehen. Wir als „Krone“ sind einzig unseren Lesern verpflichtet. Unsere Verantwortung ist es, den Lesern ein möglichst breites Spektrum an Meinungen und Informationen zu bieten und Menschen eine Stimme zu geben. 

Wie viel Platz stellen Sie in Ihrer Zeitung Frauenthemen zur Verfügung?

Wir haben unter anderem eine wöchentlich erscheinende Serie „Frau sein in Oberösterreich“, wo wir Frauen-
themen auf einer Doppelseite Raum geben. Auch sonst sind wir darauf bedacht, bei Expertenbefragungen so gut es geht auf eine ausgewogene Mischung zu achten. 

Was zeichnet eine gute Journalistin aus?

Ein Gespür zu erkennen, welche Themen viele Menschen betreffen und viele betroffen machen. Die Fähigkeit, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Fragen zu stellen. Den Menschen hinter der Geschichte zu sehen, genauso wie alle Fakten zu kennen. Nicht das Offensichtliche anzunehmen, sondern das Unerwartete, Verborgene zu suchen. 

Worauf ist Ihre persönliche Erfolgsgeschichte zurückzuführen?

Ich habe mich nie vor Arbeit gescheut, bin öfter den Extra-Meter gegangen und hatte zum Glück Chefs, die mein Potenzial erkannt und gefördert haben.

Print oder online – was ist Ihnen persönlich lieber?

Beide haben ihre Stärken. Ich spiele mich gerne mit dem Layout, eventuell würde ich sogar Print den Vorzug geben.

Welche Tipps geben Sie jungen Frauen, die im Journalismus Karriere machen wollen?

Sei frech, sei neugierig, sei hartnäckig! Habe den Mut für kontroversielle Themen und gib dich nicht mit schwammigen Antworten zufrieden!

Was war Ihr berufliches Highlight?

Aufgrund der Aktualität und weil sie mich besonders berührt hat, denke ich an meine Pressereise zur ukrainischen Pufferzone gemeinsam mit der Caritas. Wir Journalisten standen mit kugelsicheren Westen auf der einen Seite, beinahe schon hilflos, während Einheimische auf der anderen Seite ungeschützt zwischen Scharfschützengräben vorbeimarschierten, nur um ihre Pension oder günstige Lebensmittel abzuholen. Monat für Monat! Wir haben eine Mutter kennengelernt, die bei einem Bombenanschlag Teile ihres Gesichts verloren hat, sodass sie ihr Sohn die erste Zeit nur von hinten umarmen wollte. All diese Menschen und ihre Geschichten haben sich in mein Gedächtnis gebrannt.

Gibt es auch ein berufliches Hoppala?

Manchmal passieren mir Missgeschicke mit Namen. Im ersten Jahr bei den „Niederösterreichischen Nachrichten“ habe ich aus Herbert Prohaska versehentlich einen Wolfgang Prohaska gemacht. Sorry, Schneckerl!

Ihr Führungsstil?

Dynamisch und wertschätzend. Ich setze auf positive Verstärkung.

Welche Karrierechancen haben Frauen bei Ihnen im Unternehmen?

Gute! Das zeigt auch unsere Zusammensetzung – zwei Redakteurinnen sind als Chef vom Dienst-Springerinnen tätig, das Wirtschafts- und das Kulturressort werden von Frauen geleitet, auch unsere Marketingleiterin ist eine Frau.

Wie werden Frauen allgemein sowie auch Frauen mit Kindern in Ihrem Unternehmen unterstützt?

Ich unterscheide bei der Unterstützung meines Teams nicht zwischen Frauen und Männern. Wer Support benötigt, bekommt diesen auch. Bei Redakteurinnen und Redakteuren mit Kindern versuchen wir, Dienstpläne so gut wie möglich abzustimmen und dem Lebensalltag anzupassen. Das inkludiert bei Bedarf auch Homeoffice und flexible Arbeitsstundenmodelle. Das Angebot wird übrigens von Kolleginnen wie Kollegen gleichermaßen genutzt.

Was bedeutet Gleichstellung für Sie? Was fehlt in diesem Bereich noch?

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Arbeitgeber, die’s umsetzen.

Haben Sie sich jemals benachteiligt gefühlt, weil Sie eine Frau sind?

Es gab sicher die eine oder andere Situation, die nicht ausgewogen oder fair war. Davon war aber keine schwerwiegend oder hinderlich, sondern einfach ärgerlich.

Wie wichtig waren auf Ihrem Weg Vorbilder oder MentorInnen?

Sehr wichtig, weil sie mir vorgelebt haben, was gute Führung für die eigene Motivation bedeutet. Ein Unternehmen ist immer nur so gut wie seine Mitarbeiter. 

Wenn Sie einen Tag Frauenministerin wären: Was würden Sie umsetzen?  

Gehaltsangleichungen. Ein lückenloses, leistbares Kinderbetreuungssystem für berufstätige Frauen.

Wobei tanken Sie neue Kraft für den Job?

Beim Sport oder beim Spazieren-gehen in der Natur.

 

 

People | 07.03.2022

Immer offen für Veränderungen bleiben

Susanna Winkelhofer, MBA, ist seit zehn Jahren Chefredakteurin und Verlegerin des Wirtschaftsmagazins „Die Macher“ mit Sitz in Linz. Zuvor war sie Chefredakteurin der „Oberösterreicherin“. Die 38-jährige gebürtige Mühlviertlerin ist verheiratet und Mutter von drei Mädchen – Sophia (16) und den Zwillingen Eva und Greta (10).

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© MMA

OBERÖSTERREICHERIN: Was ist für Sie die Faszination am Journalismus?

Susanna Winkelhofer: Mit und für Menschen zu arbeiten. Mit Menschen: in Interviews und Recherchegesprächen jene Informationen herauszufinden, die relevant sind. Für Menschen: diese Informationen so aufzubereiten, dass sie ankommen. 

Wie viele Redakteure und wie viele Redakteurinnen arbeiten in Ihrem Team?

Drei Redakteure und mit mir fünf Redakteurinnen.

Als Chefredakteurin haben Sie eine große Verantwortung und auch Macht. Wie gehen Sie damit um?

Mit größtem Respekt und dem Bewusstsein, dass es immer verschiedene Blickwinkel braucht, um eine Geschichte objektiv erzählen zu können. 

Wie viel Platz stellen Sie in Ihrem Medium Frauenthemen zur Verfügung?

Solange wir nicht von Menschenthemen reden, sondern es immer noch nötig ist, zu zeigen, dass unser Geschlecht keinen Einfluss auf unsere Ziele haben darf: viel! Aber wohl immer noch zu wenig. 

Was zeichnet für Sie eine gute Journalistin aus?

Sie fragt nach, zeigt viel Empathie und ehrliches Interesse und ist gut vorbereitet. 

Worauf ist Ihre persönliche Erfolgsgeschichte zurückzuführen?

Ich denke, dass wahrscheinlich alle Erfolgsgeschichten darauf zurückzuführen sind, dass man macht, was man wirklich gerne macht. Und man auch dann damit weitermacht, wenn’s schwierig ist. 

Print oder online – was ist Ihnen lieber?

Das entscheide nicht ich, das entscheiden unsere Leserinnen und Leser: Was ihnen lieber ist, das ist mir auch lieber. Weil ich möchte ja, dass sie’s lesen – wo und wie auch immer (lacht). 

Welche Tipps geben Sie jungen Frauen, die im Journalismus Karriere machen wollen?

Bleibt neugierig! Es gibt jeden Tag etwas Neues zu lernen. Und vor allem: Bleibt offen für Veränderungen! In dieser Branche ändert sich ständig etwas – du kannst dich entweder darüber ärgern oder die Veränderung mitgestalten und Spaß daran haben.

Was war Ihr berufliches Highlight?

Oh nein, die Frage mag ich gar nicht! Das ist, als würde ich beim Chocolatier vor der Vitrine stehen und müsste mich für eine Praline entscheiden. Ich mag fast alle! Also ich müsste auf alle Fälle viele Interviews aufzählen, persönliche Gespräche sind die Highlights meines Jobs. 

Was war Ihr größtes berufliches Hoppala?

Der Klassiker: Das Interview lief super, das Aufnahmegerät lief hingegen gar nicht. 

Ihr Führungsstil?

Ich frag mal nach ... Eine Kollegin sagt Folgendes über meinen Führungsstil: „Empathisch und verständnisvoll. Die Richtung vorgebend, aber den Weg nur gemeinsam mit dem Team gehend. Und vor allem mit dem nötigen Vertrauen in die Stärken und das Können jeder/jedes Einzelnen im Team.“ Ich füge noch hinzu: wertschätzend. 

Welche Karrierechancen haben Frauen bei Ihnen im Unternehmen?

Bei uns haben alle Menschen die absolut selben Karrierechancen. Und ganz ehrlich? Nicht, weil ich den Frauen damit etwas Gutes tun möchte, sondern weil ich uns etwas Gutes tun möchte: Wer auf das Potenzial von Frauen verzichtet, der verzichtet auf die Hälfte seines Erfolges. 

Wie werden Frauen allgemein sowie auch Frauen mit Kindern in Ihrem Unternehmen unterstützt?

Ich sehe in meinem Team nicht Frauen und Männer, sondern ich sehe Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Alle gleich zu behandeln wäre daher ziemlich unfair, sie sind ja nicht gleich. Aber allen die gleichen Möglichkeiten zu bieten, das ist meine Aufgabe. Das heißt, ich versuche Rahmenbedingungen zu schaffen, die für alle die Chance bieten, bestmöglich arbeiten zu können. Wir haben daher sehr flexible Arbeitszeiten, machen Team-Meetings fast ausschließlich nach neun Uhr und bis zum frühen Nachmittag. Und Homeoffice gab’s bei uns immer schon. Das macht’s eben sowohl für Frauen als auch für Männer einfacher, sich um ihre Familie oder wen und was auch immer zu kümmern. 

Was bedeutet Gleichstellung für Sie und was fehlt in diesem Bereich noch?

Dass jeder Mensch – unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Alter – die Möglichkeit hat, sein Leben so zu gestalten, dass es erfüllend für ihn ist.  

Haben Sie sich jemals benachteiligt gefühlt, weil Sie eine Frau sind?

Ich bin selbst so gern eine Frau, dass ich mir das nie zum Nachteil machen lasse.  

Wie wichtig waren auf Ihrem Weg Vorbilder oder MentorInnen?

Menschen, die ihren Weg gehen und dabei aber nicht über Leichen gehen, sondern im Gegenteil, auch andere Menschen mitnehmen, haben mich immer am meisten inspiriert. 

Wenn Sie einen Tag Frauenministerin wären: Was würden Sie umsetzen?  

Den einen Tag würde ich nutzen, um so vielen Männern wie möglich die vielen Vorteile aufzuzählen, die sie bekommen, wenn es keinen Unterschied mehr macht, ob man als Frau oder Mann geboren wird. Nur um ein paar zu nennen: Sie können eine Beziehung zu ihren Kindern aufbauen, für die sie ein Leben lang dankbar sein werden, sie können ihre Gefühle zeigen, ohne ausgelacht zu werden, sie können bei Gesprächen in Augenhöhe ganz neue Perspektiven sehen. 

Wo bzw. wie tanken Sie Kraft für das Business?

Wenn ich mit meiner Familie lauthals Lieder singe – an dieser Stelle: Entschuldigung, liebe Nachbarn! –, beim Lesen, beim Podcasts-Hören, beim Bewegen in der Natur und bei meiner täglichen Yoga-Einheit, die muss sein, und wenn’s nur zehn Minuten sind.