People | 06.03.2021
Frauen und ihre Baustellen
Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Verteilung der alltäglichen Aufgaben mehr denn je nach klassischen Rollenzuschreibungen erfolgt: Die Hauptverantwortung für Hausarbeit, Kinder- und Angehörigen-
betreuung liegt bei Frauen, die so ganz nebenbei auch ihren Berufen nachgehen. Als Folge der Corona-
pandemie arbeiten viele im Homeoffice und müssen den Spagat zum Homeschooling der Kinder schaffen und Präsenzunterricht, Lerneinheiten und Freizeit der Kinder koordinieren. Damit stoßen Frauen an ihre körperliche, psychische und emotionale Belastungsgrenze. Wie immer machen sie das, ohne dabei großes Aufsehen zu erregen. Die Gesellschaft schaut ihnen zu und spendet von Zeit zu Zeit anerkennenden Applaus. „Die Heldinnen des Alltags“ werden beklatscht, sicht- und spürbar sind sie aber nicht. Genau das wollen Doris Nentwich und Andrea Lehner mit ihrer Initiative „Frauen und ihre Baustellen“ ändern. „Zeigt euch!“ rufen sie allen Frauen zu und machen mit einem Fotoshooting am Areal des ORF-Zentrums am Küniglberg in Wien den Anfang. Aber nicht leise und der zugeteilten Rolle entsprechend, sondern laut, schrill und unkonventionell.
Die exzentrischen Roben des Labels NIKO NIKO Design unterstützen die Botschaft. Neben Doris Nentwich stehen die Oberösterreicherinnen Stefanie Schauer und Bianca Kiso vor der Kamera des Fotografen Oliver Macher. Ziel ist es, einen breiten Diskurs anzustoßen, der bis in die eigenen vier Wände reicht und in Partnerschaften, Familien und am Arbeitsplatz getragen und – wenn nötig – ausgetragen wird.
Aufruf an alle Frauen
Die Initiative hat in den Sozialen Medien für Aufsehen gesorgt. Hunderte Frauen beteiligen sich daran und posten Fotos von sich. Egal in welchem Kleid – ob im Business-Kostüm, Partydress oder Dirndl – das Erkennungszeichen, die Gummistiefel, dürfen genauso wenig fehlen, wie ein Statement zur eigenen Baustelle bzw. besser gesagt zu den Baustellen, denn bekanntlich kämpfen Frauen nicht nur an einer Front. Davon kann auch Stefanie Schauer ein Lied singen. Die zweifache Mutter führt seit 2014 das Software-Unternehmen OFFISY mit Sitz in Leonding, das mit ihren Tools und Features niedergelassenen Wahlärzten Zeit und Nerven spart. „Unser Ziel ist es, dass sich Menschen in Gesundheitsberufen voll auf ihre Passion konzentrieren können und ihnen organisatorische und administrative Arbeit von jemandem abgenommen wird, dem sie vertrauen können“, so die 37-Jährige.
Bekenntnis zu den eigenen Baustellen
Eine Baustelle im wahrsten Sinn des Wortes hat zurzeit die Welserin Bianca Kiso. In Kürze eröffnet die weit über die Grenzen Österreichs anerkannte Wachsmal-Künstlerin, die die in Vergessenheit geratene Kunsttechnik der Enkaustik im Eigenstudium erlernt und perfektioniert hat, eine Galerie der besonderen Art. Gemeinsam mit Danijela Bagaric, ebenfalls Künstlerin – sie zeichnet und malt mit Bleistift, Tusche, Kreide, Ölfarbe und experimentiert mit Textilien und Fotografien – will sie einen Raum für Begegnung mit Kunst, Kultur und Wirtschaft schaffen, Menschen vernetzen und Kunst fördern. Das Konzept beinhaltet auch ein Atelier, das von den Künstlerinnen selbst sowie von Gastkünstlern genutzt wird, um Werke zu schaffen, Projekte zu realisieren und mittels Kursen für Kinder und Erwachsene Wissen zu vermitteln. Ziel ist es auch, junge internationale Künstler zu unterstützen.