People | 20.05.2022
Elegance is an Attitude
„Elegance is an attitude“ lautet die Philosophie der Schweizer Uhrenmarke Longines und diese verkörpert der neue CEO Matthias Breschan eins zu eins, als ich ihn bei einem Zwischenstopp in Wien zum Interview treffe. Weißes Hemd, schwarze Hose und am Handgelenk die neue Longines „Spirit Zulu Time“, aktuell seine Lieblingsuhr, wie er mir erzählt. Uhren, Geschichte und Kunst sind Matthias Breschans Leidenschaft. Bevor er im Juli 2020 die Leitung von Longines übernahm, führte er bereits neun Jahre lang RADO und sieben Jahre lang Hamilton, zwei Schwestermarken in der Swatch Group. Breschan stieg im Jahr 1996 bei der Swatch Group ein und war damals für den Bereich Swatch Telecom verantwortlich. Nachdem er in Wien Wirtschaftswissenschaften studiert hatte, ging er zu Texas Instruments in Nizza und war anschließend bei Alcatel Mobile Phones in Paris im Marketing und Vertrieb tätig.
Herr Breschan, im Juli 2020 haben Sie als CEO die Leitung von Longines übernommen. Woher stammt Ihre Affinität zu Uhren?
Die Uhrenbranche fasziniert mich ungemein und meines Wissens ist sie der einzige Wirtschaftszweig, der sich stets auf seine Tradition stützt, um noch besser zu werden. Während sich die meisten Industriesektoren anpassen müssen oder von der Landkarte verschwinden, wird die Uhrmacherei von der Tradition am Leben erhalten. Wenn man einmal den Fuß in der Uhrenindustrie hat, ist es relativ einfach, eine Begeisterung zu entwickeln. Somit bin ich geblieben.
Was ist für Sie das Faszinierende an der Uhrenmarke Longines?
Das Faszinierende an Longines ist für mich die reiche Geschichte, auf welche die Uhrenmarke seit ihrer Gründung im Jahr 1832 zurückblicken kann. Longines war nämlich nicht nur der Erfinder des GMT-Werkes (Uhr mit zwei Zeitzonen, Anm. d. Red.), sondern auch des Flyback-Werks, bei dem eine laufende Zeitmessung des Chronografen durch einmaliges Betätigen eines Drückers gestoppt und der Zeiger auf null gestellt wird. Zudem hatte Longines auch im Bereich der Hochfrequenz, die enorm wichtig war für Präzision und Zeitmessung bei Sportevents, anderen Marken gegenüber einen Riesenvorteil. Diese Meilensteine, die Longines bereits zurückgelegt hat, schaffen ganz viele Möglichkeiten für die Weiterentwicklung der Uhren in der Zukunft. Bestes Beispiel dafür ist die neue Longines „Spirit Zulu Time“, die auf die Erfindung des GMT-Uhrwerks zurückgeht. Da wir den Luxus haben, die besten Teile der Geschichte herauszufiltern, anstatt künstlich etwas konstruieren zu müssen, schaffen wir es, authentisch zu sein.
Ihre Aufgabe als CEO bei Longines haben Sie am 1. Juli 2020, während der Coronakrise, begonnen. Wie schwierig war dieser Start und wie gestaltet sich die Situation gegenwärtig?
Die Situation war nicht einfach. Alle unsere Geschäfte hatten geschlossen und die Haltung der Menschen war sehr abwartend. Der zweite Lockdown hat dann aber E-Commerce und digitales Marketing wahnsinnig beschleunigt und mittlerweile glauben wir stark an eine verbundene Zukunft der beiden Bereiche. 2019 war vom Umsatz her ein Rekordjahr. Umso erfreulicher war es, dass wir bereits im August 2020 ein besseres Ergebnis erzielen konnten als im August 2019. 2021 war unser drittbestes Jahr in der Firmengeschichte und auch 2022 rechnen wir damit, ein Rekordjahr hinzulegen. Das hängt allerdings auch vom Krieg in der Ukraine und der Pandemie in China ab. Dennoch halten wir an unserem Ziel fest, spätestens 2025 die zwei Milliarden-Euro-Marke zu überschreiten.
Als CEO folgen Sie Walter von Känel nach, der gerne als Urgestein der Schweizer Uhrenindustrie bezeichnet wird und Longines 32 Jahre sehr erfolgreich geführt hat. Was werden Sie machen, um diese Erfolgsgeschichte fortzuführen?
Longines war in den vergangenen 20 Jahren mit Sicherheit eine der größten Erfolgsstorys der Schweizer Uhrenindustrie und ich habe den größten Respekt vor meinem Vorgänger Walter von Känel. Jetzt liegt es ganz klar an mir, herauszufinden, was die Marke in den vergangenen zwei Jahrzehnten so stark gemacht hat, um an diesen Punkten zu arbeiten und sicherzustellen, dass Longines auch in den nächsten Jahren so stark bleibt. Ob ich es schaffen werde, wie Walter von Känel 32 Jahre bei Longines zu bleiben, kann ich noch nicht sagen (lacht). Fest steht jedenfalls, dass sich niemals die Marke an einen neuen CEO anpassen muss, sondern immer der CEO an die Marke.
Was sind Ihre Ziele mit Longines?
Zum einen ist es mir ganz wichtig, die reiche Geschichte und Heritage von Longines noch besser nach außen zu kommunizieren und zu vermitteln. Wir verfügen über eine Serie von exklusiven Werken, die wir inhouse entwickelt haben und die uns erlauben, eine authentische Geschichte zu erzählen. Das verleiht der Marke Attraktivität, Stärke und Einzigartigkeit. Vor allem jetzt, wo der Vintage-Markt stark an Bedeutung gewinnt, ist das ein Riesenvorteil. Zum anderen hat Longines eine sehr ausgeglichene Kollektion und ist bei klassischen Uhren sowie auch bei Sportuhren gleich stark und Longines Uhren werden von Damen und Herren gleichermaßen gekauft, was sehr selten ist. Das ist mit Sicherheit auch unserer Philosophie „Elegance is an attitude“ geschuldet. Longines befindet sich in einer Preisklasse von 1.000 bis 5.000 Euro. Unser Ziel ist es, in diesem Preissegment zu bleiben und hier beste Technologie zu bieten.
Analystenschätzungen zufolge hat Longines den Umsatz in den letzten 20 Jahren mehr als verfünffacht und gehört zu den größten Uhrenmarken überhaupt. In welchen Märkten ist Longines derzeit vertreten und wo ist in Sachen Wachstum noch Potenzial vorhanden?
Longines ist weltabdeckend in mehr als 150 Märkten vertreten. In den vergangenen fünfzehn Jahren haben sich die asiatischen Märkte sehr gut entwickelt und dort besteht nach wie vor ein riesengroßes Potenzial. Vor allem in China, wo jedes Jahr Dutzende Millionen von Menschen in die Mittelklasse aufsteigen und Zugang zu Luxusprodukten haben. Auch sogenannte Emerging Markets wie Indonesien, die Philippinen, Indien, Thailand oder Malaysia sind große Wachstumsmärkte. Viel Potenzial ist derzeit auch in Europa und in den USA vorhanden, weil vor allem jüngere Menschen in den vergangenen Jahren die Attraktivität von Uhren wieder für sich entdeckt haben. Der Trend zu Vintage-Uhren hat ein ganz anderes Verständnis für mechanische Uhren hervorgebracht.
Corona hat vor allem auch dazu beigetragen, dass der Onlinehandel floriert. Wie sieht das bei Longines aus?
Unsere E-Commerce-Aktivitäten haben wir in der Coronazeit beschleunigt ausgebaut. Wir haben in allen 30 Ländern, in denen wir mit eigenen Filialen vertreten sind, auch unsere Corporate Website. Die E-Commerce-Verkäufe betragen mittlerweile weltweit zwischen fünf und zehn Prozent. Die Kunden treffen gerne online eine Vorauswahl und bestellen ihre Wunschuhren ins Geschäft, um sie dort zu kaufen. Wir glauben sehr stark an diese Verbindung, aber eine Uhr ist ein emotionales Produkt, daher hat die physische Präsentation mit Sicherheit den Vorrang.
Longines hat eine sehr lange Geschichte. Wie schaut es mit dem Sammlermarkt aus?
Uhren von Longines sind auch am Sammlermarkt sehr attraktiv. In unserer Longines Boutique in Genf haben wir den ersten Longines Collector‘s Corner eingerichtet, in dem man ausschließlich restaurierte Vintage-Uhren findet, die mit einem Authentizitätszertifikat verkauft werden. Longines ist sicher eine der wenigen Uhrenmarken, die eine lückenlose Aufzeichnung ab der Unternehmensgründung im Jahr 1832 bietet. Anhand der Seriennummer wissen wir genau, wann die Uhr hergestellt und an wen sie verkauft wurde. Weiters verfügen wir über ein großes Lager mit alten Komponenten und können jede Uhr reparieren. Es gibt am Sammlermarkt Longines Uhren, die um mehrere Hunderttausend Euro verkauft werden.
Hätten Sie da ein Beispiel für uns?
Ja, die Longines Armbanduhr von Albert Einstein aus dem Jahre 1929 wurde vor einigen Jahren um 600.000 Dollar versteigert. Dazu gibt es eine amouröse Geschichte. Zu Forschungszwecken übersiedelte der Nobelpreisträger mit seiner Familie nach Los Angeles, wo er sich Hals über Kopf in eine Russin verliebte und ihr seine goldene Longines Armbanduhr schenkte. 1945 ging die Frau, angeblich eine Spionin, wieder in ihre Heimat zurück. Anfang 2000 kontaktierte uns deren Enkel wegen der 18-Karat Original-Uhr, die in einem guten Zustand war. Einstein besaß übrigens auch eine Longines Taschenuhr aus dem Jahr 1943, die heute im Bernischen Historischen Museum in der Schweiz zu sehen ist.
Als CEO sind Sie auch stark in die Produktentwicklung eingebunden. Vor Kurzem wurden in Wien die Neuheiten von Longines präsentiert. Was sind die markantesten Neuerungen 2022?
Für Uhrenliebhaber ist sicher die Longines „Spirit Zulu Time“, die auf die Erfindung des GMT-Uhrwerks zurückgeht, ein Highlight. Ein neues, exklusiv für Longines gefertigtes Kaliber mit Siliziumspiralfeder treibt die Zeitzonenanzeige an. Im Juli lancieren wir die Longines „Ultra-Chron“, die von der ersten Ultra-Chron-Diver aus dem Jahr 1968 inspiriert ist. Das neue Modell greift die Codes der Taucheruhren von damals auf, stattet sie aber mit einem neuen Hochfrequenzwerk aus. In der Longines „Elegant Collection“ entstand in Kooperation mit dem Schweizer Designlabel YVY, das auch bei Stars wie Madonna oder Lady Gaga beliebt ist, die Longines „DolceVita x YVY“. Eine sehr stylishe mechanische Uhr. Design und Style sind im Uhrenbusiness wichtig, denn niemand kauft heute eine Uhr, nur um die Zeit abzulesen, sondern trägt sie als Accessoire und Statement.
Vom elitären Reitsport bis hin zu den FIS-Skirennen ist Longines als langjähriger Partner bekannt. Aus welchem Hintergrund entstanden diese „sportlichen“ Partnerschaften?
Longines engagiert sich bereits seit mehr als 100 Jahren als Zeitnehmer zahlreicher Sportveranstaltungen. Ein Türöffner in die Welt des Sports war sicher die Entwicklung des ersten Chronografen, der bereits 1878 die Welt des Pferdesports begeisterte. 1912 prägte Longines mit der Einführung des ersten elektromechanischen Zeitmessgeräts mit Fadenrisssystem die Geschichte der Sportwelt und stieg zum offiziellen Zeitmesser vieler internationaler Verbände und weltweiter Sportveranstaltungen auf. Auch bei den ersten Olympischen Winterspielen 1924 in Chamonix war Longines der Zeitmesser und heute noch sind wir einer der wichtigsten Akteure im Reit- und Skisport. Wir werden auch 2024 wieder mit der FIS zusammenarbeiten.
Von Oscarpreisträgerin Kate Winslet über Skirennläuferin Mikaela Shiffrin bis hin zu Schauspieler Regé-Jean Page, dem letzten Neuzugang, ist Longines für seine berühmten Markenbotschafterinnen und -botschafter bekannt. Was muss eine Persönlichkeit haben, damit eine Partnerschaft eingegangen wird?
Unsere Partnerschaft mit Kate Winslet besteht bereits seit mehr als zehn Jahren. Es ist uns wichtig, langfristige Partnerschaften einzugehen und unsere Botschafter müssen als Person und vom Charakter her zur Marke Longines passen. Im Zentrum steht dabei auch immer unsere Philosophie „Elegance is an attitude“. Aktueller Neuzugang ist Schauspieler Regé-Jean Page, bekannt als Simon Basset in der Netflix-Serie „Bridgerton“. In der zweiten Jahreshälfte stellen wir eine weitere Ambassadorin vor. Wer das ist, darf ich allerdings noch nicht verraten.
Sie sind gebürtiger Kärntner, wo haben Sie Ihren Lebensmittelpunkt?
Ich lebe schon seit 20 Jahren in der Schweiz, komme aber regelmäßig nach Kärnten.
Wie groß ist Ihr Team als CEO bei Longines?
Mein Team besteht aus mehr als 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Wie ist Ihr Führungsstil?
Hart und herzlich.
Was machen Sie gerne, wenn Sie einmal frei haben?
Im Winter Skifahren und im Sommer Wasserskifahren.
Was ist Ihr größter Luxus?
Freizeit!
Was bedeutet Eleganz für Sie?
„Eleganz ist, wenn das Innere genauso schön ist wie das Äußere.“ Dieses Zitat stammt von Coco Chanel und es beschreibt auch die Eleganz, die Longines vermittelt, sehr gut. Eleganz ist nicht nur ein äußerer Aspekt, es geht dabei immer auch um eine Haltung.
Sie sind schon sehr lange in der Uhrenbranche tätig. Wie viele Uhren besitzen Sie eigentlich und verraten Sie uns auch Ihre Lieblingsuhr?
Es werden um die 50 sein. Mein derzeitiger Favorit ist die Longines „Spirit Zulu Time“.
ÜBER LONGINES
Die seit 1832 im schweizerischen Städtchen Saint-Imier ansässige Uhrenmarke kann stolz auf ein herausragendes technisches Know-how aus Tradition, Eleganz und Spitzenleistung verweisen. Das Unternehmen baut dabei in der Zeitmessung bei internationalen Weltmeisterschaften als Partner internationaler Verbände auf eine langjährige Erfahrung und eine solide und dauerhafte Verbindung zur Welt des Sports auf.
Longines gehört zur Swatch Group, dem weltweit führenden Uhrenhersteller. Die durch das Logo der geflügelten Sanduhr bekannte Marke ist in mehr als 150 Ländern vertreten. Mit seiner Gründung im Jahre 1832 zählt das Schweizer Unternehmen zu den ältesten Manufakturen der Uhrenbranche.
In den beinahe 200 Jahren Firmengeschichte führte Longines vielzählige Innovationen ein, unter denen das 1878 vorgestellte, erste Chronografen-Uhrwerk des Kalibers 20H eine besondere Bedeutung hat. Es läutete die Ära der präzisen Zeitmessung ein und stellte die Weichen für eine bis heute anhaltende Verbindung zum Sport.