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People | 14.03.2022

Designer mit Herz und Verstand

Er ist Designer, Mentor bei „Shopping Queen“ und Herausgeber seiner eigenen Zeitschrift: Müsste man Guido Maria Kretschmer mit einem Wort beschreiben, wäre es wohl Ausnahmekünstler. Am 8. März wird der deutsche Frauenliebling im Rahmen der look! „Women of the Year“-Gala in Wien mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet.

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© Joseph Ruben Heicks

Alles begann vor vielen Jahren mit einem Modestand auf einem Hippiemarkt in
Ibiza. Heute ist Guido Maria Kretschmer nicht mehr aus der Modewelt wegzudenken und stattet als gefragter Designer Stars ebenso wie Frauen aus aller Welt mit Ready-to-wear-Fashion aus. Erst kürzlich launchte er seine zweite Frühjahr/Sommerkollektion in Zusammenarbeit mit „About You“, die ab sofort exklusiv im Onlineshop erhältlich ist. Der Titel Designer alleine würde dem sympathischen Ausnahmetalent aber nicht gerecht werden. Denn als Mentor bei TV-Formaten wie „Shopping Queen“, wo er seit mittlerweile zehn Jahren Frauen in jeglichen modischen Belangen unterstützt oder als Herausgeber seiner eigenen Lifestyle-Zeitschrift GUIDO ist er weit mehr als das. Für seine Vorbildfunktion wird der gebürtige Münsterer nun mit dem „Man of the Year Award“ am 8. März im Park Hyatt Vienna geehrt. Was der Liebling der Frauen über Erfolg denkt, wo er am besten abschalten kann und warum nicht jeder Trend mitgemacht werden muss, hat er uns im exklusiven Interview verraten.

Herr Kretschmer, eine außergewöhnliche Karriere und vor allem ein außergewöhnlicher Mann wird am 8. März bei der „Women of the Year“-Gala mit dem „Man of the Year Award“ ausgezeichnet. Ist das ein erhebendes Gefühl oder macht so ein Preis auch ein wenig demütig?

Ich denke, es ist ein bisschen von beidem. Es ist ein wirklich toller Preis und ich freue mich sehr darüber. Besonders schön finde ich, dass der Award von Frauen übergeben wird. Ich habe Frauen so viel zu verdanken und bin sehr eng mit ihnen verbunden. Ich glaube an Frauen und an deren Parität untereinander, mag es sehr, wenn sie sich gegenseitig unterstützen und wertschätzen. Und das ist ja auch die Grundidee der „Women of the Year Awards“. Dass ich in diesem Rahmen nun den „Man of the Year Award“ erhalte und mich in die Riege wunderbarer Frauen einreihen darf, empfinde ich als großes Vergnügen und bin sehr dankbar, dass mir diese Ehre zuteil wird.

 

In diesem Jahr feiern Sie auch das zehnjährige Jubiläum von „Shopping Queen“, einer Sendung, die jede Frau kennt und liebt. Was ist Ihrer Meinung nach das Erfolgsgeheimnis der Sendung bzw.der gleichbleibend starken Quoten?

Ein Grund ist sicher, dass die Sendung reales Leben zeigt. Es geht um Frauenthemen, über die man sich gut amüsieren kann und die unterhaltend sind. Totale Realitäten, ungescriptet. Es ist immer so geblieben, dass ich da auch „die gute Freundin“ bin, die das sagt, was man selbst vielleicht denkt, aber nicht sagen würde. Zudem wird bei uns niemand vorgeführt. Wir gehen anständig und respektvoll mit Diversität, Geschmack und Style um. Bei uns können Frauen, die gewinnen, 18 oder 81 Jahre alt sein, das spielt keine Rolle. Auch von Kleidergröße 34 bis 40 haben wir alles dabei. Es gibt bei uns keinen Stopp, keine Paradigmen, die so sind, dass man dadurch dann erfolgreicher wäre. Es ist ein großes Glück, dass das immer so bleiben durfte und ist vielleicht auch das, was „Shopping Queen“ so besonders macht. Das mag dann vielleicht auch das Geheimnis sein, warum ich nach all den Jahren noch immer große Freude daran habe und es mit Liebe tue. Jeden Tag, wenn eine neue Frau kommt, geht auch für mich eine neue Tür auf, und ich bin noch nie gelangweilt gewesen. Jede Kandidatin bringt immer ihr Leben und ihre eigene Persönlichkeit mit. Und für mich ist das das Besondere an dieser schönen Sendung.

 

Sie sind offensichtlich ein Mann, der die Frauen liebt. Was muss eine Frau haben, um unwiderstehlich zu sein? 

Unwiderstehlich ist man dann, wenn man weiß, dass man sich auf sich selbst verlassen kann und sich genug wertschätzt. Das ist das größte Thema, das eigentlich immer bei allen Menschen das Wichtigste ist. Bei Frauen aber ganz besonders, weil sie doch irgendwie leider oft noch von der Gesellschaft, und auch von anderen männlichen Energien, reglementiert und kategorisiert werden. Unwiderstehlich sein heißt natürlich auch, dass man selbst das Recht hat, „Stopp!“, „Ja“ oder „Nein“ zu sagen. Emanzipation – und dass das eine das andere nicht aushebelt. Jede Frau hat das Recht, unwiderstehlich zu sein, und Männer haben es genauso. Denn unwiderstehlich sein heißt auch, dass man das Beste aus sich herausholt, das Beste tut und sich das Beste zutraut. Und der Gesellschaft damit ganz klar sagt: „Ich bin wertvoll!“ Das fängt bereits in jungen Jahren an. Aber um das zu lernen, braucht es Vorbilder und deshalb freue ich mich natürlich auch über den „Women of the Year Award“, weil hier Frauen ausgezeichnet werden, die auch Vorbilder für andere Frauen sind – und dadurch auch für Männer und die Gesellschaft.

 

Sie haben vor vielen Jahren auf dem Hippiemarkt in Ibiza begonnen, Mode zu verkaufen und sind heute ein gefragter Designer, vor allem sind Sie auch eine Instanz in allen modischen Belangen. Eigentlich sind Sie eine Art Gesamtkunstwerk. Wie bezeichnen Sie sich selbst, wenn ich Sie nach Ihrem Job fragen würde?

Ich würde sagen: Designer mit Herz und Verstand, mit einem Bewusstsein für das Jetzt. Ich glaube, dass ich als Designer sehr ungewöhnlich bin, da ich sehr nah bei den Menschen bin. Ich mag die Nähe, die da entsteht. Viele Designer sind oft ein bisschen distanziert der Kundschaft gegenüber und je erfolgreicher sie werden, desto mehr verabschieden sie sich vom realen Leben. Bei mir ist das eher genau umgekehrt gewesen. Ich war immer schon gerne in engem Kontakt mit Menschen und je bekannter ich wurde, desto mehr Nähe habe ich zu ihnen entwickelt, weil ich spüre, dass ich einer von ihnen bin. Das ist ein gutes Gefühl. Mein Magazin GUIDO, ein Frauenmagazin mit Männernamen, trägt den Zusatz „Eine von Euch“. Das habe ich sehr, sehr bewusst so gewählt, weil ich es eben genau so empfinde. Ich bin eine von euch! 

 

Rückblickend gesehen: Hat Sie die Zeit als unbekannter Modedesigner in Ibiza für das, was nachher alles kam, stark gemacht?

Ich glaube, dass unsere Biografien auch immer ein Teil von dem sind, wer man später ist. Erfahrungen, die man gemacht hat, die das eigene Weltbild mitprägen. Das war auch bei mir sicher so. Ich war als junger Mensch in einem sehr offenen und freien Land, einer freien Welt würde ich fast sagen. Das war ein kleiner Mikrokosmos, dieses Ibiza. Ich habe dort sehr viele interessante Menschen getroffen. Zum Teil welche, mit denen ich heute noch sehr eng befreundet bin. Ich durfte sehr frei erwachsen  werden, mit wenig Konventionen und Einschränkungen. Und deswegen würde ich heute noch sagen, dass ich vielleicht in meinem Leben nie wieder so frei und unbedarft war wie in dieser Zeit. Das hat mich sehr geprägt,  und ich glaube auch, dass es der Grund dafür ist, dass ich jetzt als erwachsener Mensch sehr zufrieden hier leben kann, mich wohlfühle in diesem Leben und nicht mehr die Sehnsucht habe, nochmal in den Süden zu ziehen oder viel unterwegs zu sein. Weil ich eben so früh Erfahrungen machte, die manche Menschen erst später erleben. Dieses Bewusstsein ist auf jeden Fall geblieben, dieses fast hippiehafte, freie, liebenswerte, glückliche, unbeschwerte Gefühl ist Teil meiner DNA. Ibiza war ein wichtiger Teil in meinem Leben.

 

 

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appily ever after. In Ehemann Frank Mutters hat Guido Maria Kretschmer seinen Lebensmenschen gefunden – seit über 35 Jahren. © Gisela Schober

Ihr Zugang zu Erfolg: eher mit Leichtigkeit oder mit Ernsthaftigkeit? Wo finden Sie sich eher wieder?

Bei einer ernsthaften Leichtigkeit, aber mit Konsequenz. Erfolg passiert nicht zwischen Kartoffel und Suppe. Das geschieht nicht einfach so und man rutscht auch nicht einfach hinein. Das war auch bei mir nie so. Ich bin immer bewusst meinen eigenen Weg gegangen, habe immer meine eigene Kraft genutzt. Aber alles mit einer gewissen Leichtigkeit getan, ohne Anstrengung und ohne Intention, etwas Großes erreichen zu wollen. Einfach aus der Sehnsucht des Schaffens heraus. Ora et labora – bete und arbeite. Das bin ich.

 

Sind Trends heutzutage überhaupt noch wichtig? Oder soll/kann jeder tragen, was am besten zu ihm/ihr passt? 

Trends sind Vorbilder für bestimmte Looks und unerlässlich, um den Zeitgeist widerzuspiegeln. Sie lassen einen herausfinden, wo man modetechnisch steht, wer man ist und wer man sein möchte, welchen Trend man mitgeht und welchen man besser auslässt. Die Causa „Ich mache jeden Trend mit“ sehe ich nicht mehr so stark, weil manche auch stehen bleiben, nachhängen oder ihren eigenen Stil haben. Trends sind heutzutage sehr schnelllebig und manchmal ist es eben auch so, dass sie im realen Leben zeitversetzt ankommen. Und wenn man dann merkt „Oh, ich mag aber eine Culotte ganz gerne, das steht mir gut. Früher habe ich das noch Hosenrock genannt“, bleibt man dabei hängen und trägt es vielleicht viele, viele Jahre. Das ist eine große Veränderung,  die ich in Bezug auf Trends wahrnehme. Und sicher auch, dass die ethnischen Unterschiede im Style, auch in der Art, Dinge zu tragen – zum Beispiel auch durch Globalisierung und die vielen Reisemöglichkeiten – ganze neue Looks zustande kommen. Das ist Teil textiler Realität geworden und das finde ich irgendwie schön. Das hat für mich auch mit Wertschätzung zu tun. Die Mode ist frei, wir sind keine Autokraten, wir sind keine Diktatoren, wir sind keine Rechtsgelehrten. Wir sind eigentlich die freien Toleranten und grenzen nichts aus. Wir sind eins, weil wir immer wissen, dass Mode durch die Unterschiedlichkeit von Menschen und von verschiedenen Ethnien lebt. Es ist mir egal, wo Leute herkommen. Ich lebe in einer freien Blase, in der die Modeleute die Welt übernehmen (lacht). Ich glaube, wir würden es an manchen Ecken besser machen, weil unser Lebensentwurf frei ist.

 

Was ist Ihr persönlicher Ausgleich zum Job? Wie schalten Sie ab und wo tanken Sie Kraft? Was sind Ihre Ziele oder Wünsche in diesem Jahr?

Abschalten kann ich, indem ich mich einfach nur selbst in eine andere Umgebung begebe. Das sind für mich zum Beispiel mein Zuhause und die Liebe zu meinem Partner. Das ist mein Haus, das sind die Hunde und Kunst auf jeden Fall. Ich habe eine große Liebe und Begeisterung für das Talent anderer. Da kann ich mich sehr, sehr gut erholen. Früher war es mehr das Lesen, heute macht mir bildende Kunst große Freude und schenkt Ruhe. Meine Wünsche für die Zukunft? Oben wach, unten dicht (lacht). Da ist mein größter Wunsch, dass ich es schaffe, wach zu bleiben, meine Fähigkeiten, die ich brauche und mit denen ich gut durchkomme, nicht verliere. Das Wichtigste ist natürlich, gesund zu bleiben, so unversehrt wie es eben nur geht. Wenn man mich fragen würde, „Was wollen Sie in den nächsten fünf Jahren erreichen, wenn Sie jetzt eine Vorausschau machen könnten?“ – das ist ja so eine Frage, die einem häufig gestellt wird – dann würde ich es machen, wie in der alten Kaffeewerbung, in der eine Frau auf einem Schiff sitzt und sagt: „Alles kann so bleiben, wie es ist.“ Dann wäre ich schon froh. Also für mich selbst liebe ich Stillstand ein bisschen. Ich kann mich in meiner eigenen Welt wunderbar erholen und habe nicht das Gefühl, alles mitmachen zu müssen. Aber für die Welt und für die Mode mag ich es ganz gerne, wenn es sich dreht.