Lifestyle | 25.02.2021
Wohnen am See boomt
Ende des vergangenen Jahres stand eine baufällige Badehütte am Wolfgangsee im Mittelpunkt des medialen Interesses. Kein Wunder, tauschte doch die zwölf Quadratmeter große Hütte auf einem Grundstück der Bundesforste in St. Gilgen den Besitzer um sensationelle 755.000 Euro. Nur kurze Zeit später wurde dieser Deal getoppt, als am Attersee eine etwas größere Hütte – ebenfalls am Grund der Bundesforste, ohne Zufahrt und Parkplatz – um rund 2,1 Millionen Euro versteigert wurde. „Die Nachfrage bestimmt den Preis, so einfach ist das“, erklärt Walter Mairinger von Attersee Exclusiv Immobilien. Seit 16 Jahren gilt der 60-jährige Immobilienmakler aus Nußdorf am Attersee als erste Anlaufstelle, wenn es um Grundstücke und Immobilien im Seengebiet des Salzkammergutes geht. Er kennt die Region, weiß, wann und wo es Gustostückerl am See zu kaufen gibt und zeichnet sich durch Diskretion und Handschlagqualität aus. Der dreifache Vater lebt mit seiner Frau mitten in Nußdorf am Attersee.
Herr Mairinger, Sie waren 20 Jahre lang Geschäftsleiter in der Raiffeisenbank Attersee-Süd. Was hat Sie dazu veranlasst, ihr eigenes Unternehmen in der Immobilienbranche zu gründen?
Das ist relativ einfach, denn wenn du morgens in die Arbeit kommst, „Guten Morgen“ sagst und das die erste Lüge des Tages ist, dann muss man sich verändern. Das war im Jahr 2005, damals hatte ich schon parallel zur Geschäftsleitung bei der Raiffeisenbank Attersee-Süd eine Beteiligung bei einem Immobilienunternehmen, das bereits seit 1993 am Markt tätig war. Nachdem meine Geschäftspartner ausgestiegen sind, habe ich das Unternehmen weitergeführt.
Immobilien bzw. Seegrundstücke sind generell rar und sehr begehrt. Erst kürzlich wurde eine Badehütte am Wolfgangsee um 755.000 Euro versteigert. Für viele Menschen ist das nicht nachvollziehbar. Wie schaut es aus an unseren Seen, sind da noch Kapazitäten vorhanden?
Dass jemand 755.000 Euro für eine Badehütte in St. Gilgen bezahlt hat, ist für viele Menschen unverständlich. Das verstehe nicht einmal ich und ich bin wirklich preisresistent (lacht). Ich denke, der Hintergrund liegt darin, dass sich jemand ein Anwesen in der Nähe gekauft hat und die Badehütte als Seezugang haben wollte. Das muss man im Kontext betrachten. Für Außenstehende klingt es natürlich absurd, dass jemand 755.000 Euro für eine zwölf Quadratmeter große Hütte bezahlt. Aber so etwas kommt immer wieder vor. Die Käuferschicht, die bis zu zwei Millionen für eine Immobilie ausgibt, ist viel größer als man denkt. In diesem Segment gibt es relativ wenig Angebot am Wasser. Das ist nicht nur am Attersee so, sondern auch an den anderen Seen im Salzkammergut. Am Fuschlsee gibt es generell wenig verbaute Fläche. Der Attersee hat einen hohen Verbauungsgrad erreicht, aber es gibt nach wie vor natürliche Ufer, große öffentliche Badeplätze und er ist mit Sicherheit einer der beliebtesten Seen, weil er auch einer der größten ist. Der Mondsee ist vor allem bei den Salzburgern sehr begehrt. Der Wolfgangsee ist zwar verkehrstechnisch etwas schwieriger zu erreichen, aber auch dort schätzen die Salzburger den Wasserzugang und es gibt Wohnungen, die zwischen zehn- und zwölftausend Euro pro Quadratmeter kosten.
Wie hoch ist der Mindestpreis am Wasser?
Es gibt keinen Mindestpreis. Da kommt es einfach darauf an, was das Grundstück zu bieten hat. Es ist ja auch nicht jedes rote Auto ein Ferrari. Man muss sich ganz genau ansehen, was es ist und was es kann. Die erst vor Kurzem versteigerte Hütte am Attersee war, abgesehen von einer ausgezeichneten Lage für eine Zielgruppe, in der richtigen preislichen Bandbreite. Da wird den sonst sehr wichtigen Themen wie Zufahrt, Parken etc. nicht mehr oberste Priorität eingeräumt. Das wird sich dann schon irgendwie regeln lassen.
Wie schaut das Angebot an Immobilien in der zweiten Reihe, also nicht direkt am See, aus?
Der Unterschied zwischen Grundstücken in erster und zweiter Reihe wird mit dem Faktor eins zu zehn bewertet. Ein Grundstück in zweiter Reihe, hinter der Seestraße, ohne Seezugang kostet im Schnitt 400 bis 500 Euro pro Quadratmeter, in der ersten Reihe mit Seezugang das Zehnfache.
Was hat sich seit Corona verändert? Man hört ja, dass Immobilien derzeit boomen. Wie schaut es im Bereich von Luxusimmobilien in Seenlage aus?
Das Einzige, was seit Corona richtig mehr geworden ist, ist Geld. Geld wird gedruckt und Geld sucht Sicherheit. Ich hatte noch nie so eine Nachfragesituation wie im Jahr 2020. Kleine Wohnungen, über- schaubare Häuser und Liegenschaften, die einen Blick zum See haben, sind de facto ausverkauft. Für die Grundstücke werden Preise aufgerufen, die einfach nicht mehr rational sind, aber sie werden gezahlt. Die künstliche Marktverengung durch Regularien wie Zweitwohnsitz, ja oder nein, macht den Markt nicht güns- tiger. Es gibt ein kleines Angebot mit starker Nachfrage, man muss nicht Wirt- schaftswissenschaften studiert haben, um zu wissen, warum das so ist.
Gibt es am Attersee bereits mehr Zweitwohnsitze als Hauptwohnsitze?
Dass es Zweitwohnsitze überhaupt gibt, liegt daran, dass vor allem in den 1960er- und 1970er-Jahren extrem viele Grundstücke verkauft wurden. Nußdorf am Attersee hat zum Beispiel an die 1.150 Einwohner und 1.600 Zweitwohnsitze. Im ersten Lockdown, im Frühjahr 2020, sind noch einmal 800 dazu gekommen, da auch die Dauercamper einen Zweitwohnsitz angemeldet haben. Die Dis- kussion zum Thema Zweitwohnsitze ist allge- genwärtig. Ursache dafür ist aber auch, dass es auf der einen Seite verkaufswillige Eigentümer gibt – darunter sind auch Einheimische –, die dann, wenn verkauft wird, natürlich den höchsten Preis erzielen wollen. Das ist menschlich.
Wie ist der Stand der Debatte um die Abgaben der Zweitwohnsitze?
Es gibt eine sogenannte Freizeitwohnsitzabgabe, die die Gemeinden vorschreiben. Früher war das die erhöhte Pauschale der Tourismusabgabe. Die Freizeitwohnsitzabgabe ist deutlich höher und macht mittlerweile das Vierfache von damals aus. Dabei geht es allerdings nicht um hohe Beträge, die Abgabe beläuft sich bei einer Wohnung auf etwa 330 Euro im Jahr. So günstig kommt man nicht überall davon. An der Côte d’Azur beträgt die Abgabe ein Vielfaches. Einer meiner Kunden hat von bis zu 70.000 Euro gesprochen, die er für eine Villa zahlen hätte müssen. Er wird sich am Ende für eine Seeliegenschaft in Österreich entscheiden.
Können sich junge Familien überhaupt noch Eigentum in der Seengegend im Salzkammergut leisten? Es gibt für mich einige Musterbeispiele von gelebter Gemeindepolitik zum Thema Ansiedelung von jungen Familien. In Nußdorf am Attersee gab es ein Projekt, bei dem die Gemeinde einigen Bauern 10.000 Quadratmeter Grund abgekauft hat. Nicht zum landwirtschaftlichen Preis, sondern etwas erhöht. Diese Grundstücke wurden aufgeschlossen und unter gewissen Bedingungen an Jungfamilien verkauft. Das Nußdorfer Projekt, in einer Lage mit Seeblick, hat damals 68 Euro pro Quadratmeter gekostet. Wenn man die Freizeitwohnsitzabgabe aus den Zweitwohnsitzen für solche Projekte einsetzen würde, würde der Druck etwas rausgenommen werden. Ich bin mir sicher, dass die Zweitwohnbesitzer die Abgabe gerne zahlen, wenn sie wissen, wofür das Geld verwendet wird. Aus meiner Sicht ist hier die Gemeindepolitik gefordert.
Sie haben sich vor 16 Jahren mit Ihrer Immobilienfirma selbststän- dig gemacht. Was genau beinhaltet Ihre Dienstleistung?
Ich bin ein kleines Unternehmen mit einem großen Radius. Ich mache keine Bauträgerprojekte, aber ich begleite Bauträger. Wenn ich eine Liegenschaft mit Potenzial, die ein Bauträgerprojekt verträgt, auf den Tisch bekomme, dann wähle ich Partner, die das umsetzen. Meine Stärke ist der Vertrieb und auch das Wissen, was, wo entstehen kann. Ich weiß, was gebaut wird und welches Klientel kauft. Im Wesentlichen stelle ich den Kontakt zum Endkunden her, bin aber während des gesamten Prozesses involviert. 99 Prozent meiner Arbeit ist Vermittlung, ich bin aber auch sehr stark in der Beratung tätig. Mein Geschäft lebt von Empfehlungen.
Was war die teuerste Immobilie im Privatbe- reich, die Sie jemals verkauft haben?
Dabei handelte es sich um eines der größten Anwesen im Südosten des Attersees. Der Verkauf der Liegenschaft in Burgau – sie gehörte einer Familie eines Auslandsösterreichers – wurde am Ende um mehr als 50 Millionen Euro von Österreichern gekauft. Zum Teil wird diese Liegenschaft jetzt privat genutzt. Auf Teilen dieses rund 65.000 Quadratmeter großen Areals sind Wohnhäuser, Wohnungen und auch ein Hotel direkt am See geplant.
Welche Kundschaft ist schwieriger, die mit dem Auto kommt oder die mit dem Flugzeug anreist?
Ich habe zum Glück wenig schwierige oder komplizierte Kunden und ich habe auch nicht wirklich das Gefühl, gequält zu werden (lacht). Meine Kunden sehen meine Angebote, wenn sie zu mir ins Büro kommen und finden diese nicht im Internet. Viele angehende Käufer möchten nicht, dass ihre „künftigen“ Liegenschaften im Internet kursieren und damit ein Besichtigungstourismus einsetzt. Es läuft alles sehr diskret ab.
Wie lange zieht sich der Zeitraum von der Beratung bis zum Kauf hin?
Zwischen vier Tagen und zwei Jahren. Die Immobilien am Wasser werden nicht günstiger, weil sie nicht mehr werden können. Davon bin ich seit dreißig Jahren überzeugt, nur das Geld wird mehr und auch die Summe der vertanen Chancen wird jedes Jahr höher.
Wie schätzen Sie die Zukunft der Immobilien am See ein?
Größere Liegenschaften am See werden öfter verkauft und dann zerstückelt. In Nachfolgegenerationen durch Erbschaften gibt es häufig das Problem von mehreren Eigentümern. Dann möchte der eine das Geld, der andere die Liegenschaft – Konflikte sind vorprogrammiert, aber das kommt in den besten Familien vor. Und somit wird dann oft nur ein Teil der Liegenschaft verkauft. Was die Zukunft betrifft, so werden die Liegenschaften nicht mehr werden, aber die Nachfrage steigt und das macht in Wahrheit die Dynamik des Marktes aus. Ob es in diesem Tempo so weitergeht, kann ich nicht sagen.
Viele Promis zieht es an die Seen im Salzkammergut. Es wird gemunkelt, dass Helene Fischer in Nußdorf ansässig wird. Was schätzen die Promis am Salzkammergut?
Wir sind es gewohnt, dass wir Menschen sehen, die einen relativ hohen Bekanntheitsstatus haben. Das ist den Einheimischen aber relativ egal. Bei Helene Fischer war das tatsächlich anders, da kamen Menschen voriges Jahr sogar extra zu uns, in der Hoffnung, sie zu sehen. Das Positive an der Geschichte war, dass eine Woche lang nicht mehr über Corona gesprochen wurde, sondern nur mehr über Helene Fischer (lacht). Aber Spaß beiseite, Helene Fischer kommt gerne zu uns zum Essen an den Attersee, weil wir sehr gute Restaurants haben. Sie baut jedoch gerade am Ammersee in Bayern ein Haus am See.
Wie sieht es mit Ferienwohnungen aus? Wird hier noch viel gebaut und investiert?
Es gibt so gut wie fast keine Projekte. In der ersten Reihe am See ist schon sehr viel verbaut, daher müsste etwas Bestehendes aufgegeben werden. Außerdem gibt es für Ferienwohnungen ohnehin keine Widmung.
Wie sieht der Immobilienmarkt aktuell in Salzburg aus?
Salzburg ist ein großes Dorf mit internationaler Beteiligung. Salzburg ist natürlich immer stark gefragt. Der Preis pro Quadratmeter in der Getreidegasse ist fünfstellig und aufwärts. Das hat mit der Enge des Marktes zu tun, aber auch mit den gestiegenen Baukosten durch höhere Auflagen.
Waren Sie schon einmal in der Situation, dass sie sich dachten, das Objekt hätte ich selber gern gekauft?
Natürlich sehe ich immer wieder tolle Objekte. Ich kaufe auch ab und zu Wohnungen. In meiner Branche muss man damit aufhören, seine eigenen Immobilien sentimental zu betrachten. Man kann im Leben nicht alles planen, manchmal muss man es einfach passieren lassen.
Wo und wie wohnen Sie selber?
Wir wohnen im Zentrum von Nußdorf und verbringen so viel Zeit wie möglich am eigenen Seegrundstück mit Hütte und Bootshaus.
Was ist das Spannende an Ihrem Beruf?
Ich habe das große Glück, dass ich in einer Region arbeite, in die alle wollen. Ich lerne fast täglich spannende und interessante Menschen kennen, die eine 500 Euro Wohnung mieten wollen und auch welche, die eine Immobilie um 20 Millionen kaufen. Man muss jeden reinlassen und alles zulassen. Jeder Kunde ist eine neue Chance.
Warum sollte man sich bei der Grundstücksuche bzw. beim Hauskauf an einen Immobilienprofi wenden?
Bei mir bekommt der Kunde Angebote zu sehen, die er im Internet nicht findet. Das ist mein Vorteil. Manchmal fahre ich mit Kunden auch mit dem Motorboot herum und zeige ihnen das eine oder andere Juwel (lacht). Die „Maklerei“ ist generell ein Haifischbecken. Am Attersee kenne ich mich einfach sehr gut aus, da kann man mir nichts vormachen.
Bekamen Sie schon unmoralische Angebote?
Ich habe den Ruf, die Preise am See hoch einzuschätzen. Also mein schlechter Ruf ist, dass ich hohe Preise erziele. Eher käuferfeindlich und verkäuferfreundlich (lacht). Aber zu dem stehe ich auch. Was ich nicht mag, ist das Spiel „Wer bietet mehr?“ Das mache ich nicht, das ist nicht meins. Mein größter Kritiker bin ich selbst. Mir ist es wichtig, mich morgens und abends in den Spiegel schauen zu können und mit mir selbst und meiner Moral zufrieden zu sein.
Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Was ist das, Freizeit? (lacht). Ich arbeite wirklich viel, oft auch zum Leidwesen meiner wesentlich besseren Hälfte. Aber meine Arbeit macht mir großen Spaß. Ich bin gerne früh morgens am Golfplatz und natürlich auch am See. Und dann gibt es ja schon zwei entzückende Enkelkinder, die irgendwann „Opa-Zeit“ einfordern werden.
Apropos Golfplatz, Sie waren einer der Motoren, der den Golfplatz am Attersee entstehen lassen hat, oder?
Infrastruktureinrichtungen, die letztendlich auch mein Lebensumfeld stärken, sind mir ein Anliegen. Auch beim Thema Hotelprojekte unterstütze ich die Menschen, wo ich nur kann. Am Attersee gab es einmal 11.000 Gästebetten, jetzt haben wir nur mehr 4.200. Meiner Meinung nach verträgt der Attersee neben den hervorragenden Hotels und Gasthäusern, die sich in der Region befinden, eine Erweiterung des Angebotes, um die Destination ganzjährig zu beleben. Die Befürchtungen, dass hier nur verdeckt Zweitwohnsitze gebaut werden, sind aber der größte Bremsklotz für derartige Projekte. Da helfen nur Beharrlichkeit und ein langer Atem.
Können Sie uns neue spannende Projekte verraten?
Im südöstlichen Teil des Attersees, in Burgau, entstehen derzeit neun Wohnungen direkt am See. Das wird ein gutes Projekt, bei dem auch die eine oder andere Bauparzelle vorhanden ist. Es gibt auch am Standort des ehemaligen Campingplatzes in St. Gilgen ein interessantes Hotelkonzept. Direkt am See kommt ein Projekt in Schwarzindien am Mondsee und im Zentrum von St. Wolfgang wird auch gebaut. Die unmittelbare Seeanbindung mit Steg zeichnet dieses Bauvorhaben aus. Ja, es tut sich einiges. Ruhige, kleine Häuser direkt am See, die sich alle wünschen würden, gibt es jedoch derzeit nicht. Wir haben einen ausverkauften Markt bei Grundstücken.
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Walter Mairinger Tel.: 0676 / 6688 011
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