Lifestyle | 15.02.2021
Wenn es plötzlich dunkel wird
Massive Störung als Weckruf
Europas Stromnetz wäre am 8. Jänner dieses Jahres fast zusammengebrochen. Noch einmal konnten flächendeckende Ausfälle verhindert werden. Auf die Notfallmechanismen war Verlass. Dennoch sollte diese massive Störung ein Weckruf dafür sein, dass Versorgungssicherheit weit mehr als eine Annehmlichkeit ist. Auch wenn Österreich noch über ausreichende Kapazitäten verfügt, um die Stabilität des Stromsystems in jeder Situation zu gewährleisten, mit dem Umbau des Energiesystems in Richtung 100 Prozent Erzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wachsen die Anforderungen an unsere Netze, Kraftwerke und Speicher. Gleichzeitig schwinden durch die Dekarbonisierung des Energiesystems jene Reservekapazitäten, die wir dringend brauchen, um die alltäglichen Schwankungen in unserem Stromsystem zu glätten und es in Extremsituationen vor Schieflagen zu bewahren. Was ein Blackout genau ist und was getan werden muss, damit uns auch in Zukunft nicht das Licht ausgeht, haben uns die Top-Manager der heimischen Energieversorger, VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl und ENERGIE AG Generaldirektor Dr. Werner Steinecker, erzählt.
Selbstschutz ist der beste Schutz
Obwohl heute seitens der Energieversorger alles unternommen wird, was für die Verhinderung eines Blackouts notwendig ist, gibt es keine hundertprozentige Sicherheit. Darin sind sich Michael Strugl und Werner Steinecker einig. Daher sind wir alle gefordert, unsere Haushalte krisensicher zu machen und sollten für mindestens sieben Tage autark leben können. Welcher Vorbereitungen es dazu bedarf, hat uns Josef Lindner, Geschäftsführer vom OÖ Zivilschutzverband, erzählt.
Teurer Stromausfall
Das europäische Stromnetz wäre am 8. Jänner 2021 fast zusammengebrochen, hätte das länderübergreifende Krisenmanagement nicht so gut funktioniert. Gott sei Dank, denn ein großflächiger Stromausfall in Österreich würde Kosten in der Höhe von 1,18 Milliarden Euro pro Tag verursachen. Welcher Anstrengungen es bedarf, um das System aus Netzen, Kraftwerken und Speichern fit für die Energiezukunft zu machen, hat uns VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl erklärt.
Herr Dr. Strugl, laut dem technischen Vorstandsdirektor der Austrian Power Grid (APG) war eine überlastete Kupplung in einem Umspannwerk in Kroatien die Ursache dafür, dass wir am 8. Jänner nur knapp einem Blackout entgangen sind. Können Sie kurz erklären, was genau passiert ist?
Nach den ersten Ermittlungen bzw. laut aktuellem Zwischenbericht der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber war der Auslöser eine Kettenreaktion von Ausfällen mehrerer Anlagen in Südosteuropa. Diese Ausfälle zogen eine Trennlinie im Raum südöstlich von Österreich und das kontinentale Stromnetz wurde in zwei Teile geteilt. Die Trennlinie führte durch die Länder Kroatien, Serbien und Rumänien. Das Gebiet südlich der Trennlinie hatte zu diesem Zeitpunkt Erzeugungsüberschüsse, welche aufgrund der ausgefallenen Leitungsverbindungen nicht mehr in den Zentralraum Europas transportiert werden konnten. Ein Frequenzanstieg in Südosteuropa mit anschließender Reduktion der lokalen Erzeugungsleitung war die Folge. In der westlichen Insel, zu der auch Österreich gehörte, fehlten nach dem Netzsplit die Erzeugungsmengen aus Südosteuropa. In ganz Europa kam es zu Über- und Unterfrequenzen, die durch Europäische Schutzmechanismen sowie durch die von den nationalen Übertragungsnetzbetreibern gesetzten Maßnahmen zur Stabilisierung und Rückführung in den Normalbetrieb innerhalb einer Stunde behoben werden konnten.
Wie hat man es letztendlich geschafft, die ja doch sehr kritische Situation in den Griff zu bekommen?
Die Europäischen Schutzmechanismen sowie die vom österreichischen Übertragungsnetzbetreiber Austrian Power Grid, einer VERBUND-Tochter, gesetzten Maßnahmen haben bei der Behebung der europaweiten Störung im Stromnetz voll gegriffen. In Österreich wurden beispielsweise erfolgreich die Primär- und Tertiärregelreserven aktiviert und abgerufen. Dabei spielte die Wasserkraft mit jeweils über 80 Prozent die zentrale Rolle. Die länderübergreifende Zusammenarbeit und auch innerhalb Österreichs mit den Kraftwerksbetreibern hat ausgezeichnet funktioniert, das war ein Paradebeispiel für europäisches Krisenmanagement.
Welchen Schaden haben die Schwankungen am 8. Jänner in Österreich angerichtet?
Dank der rasch greifenden Maßnahmen zur Re-Synchronisierung konnten größere Schäden vermieden werden. Aber nur zur Illustration: Sollte ein großflächiger Stromausfall in Österreich auftreten, würden Kosten in der Höhe von 1,18 Milliarden Euro pro Tag entstehen.
Wie hoch sind die Ausfallzeiten pro Jahr bei uns in Österreich derzeit?
Österreich ist bei der Versorgungssicherheit weltweit eines der sichersten Länder. Wir haben eine Ausfall-
sicherheit von über 99,9 Prozent – das ist ein ausgezeichneter Wert. Oder anders ausgedrückt: Im Gesamtjahr 2019 gab es ungeplante Stromausfälle österreichweit im Ausmaß von lediglich 25 Minuten.
Die Austrian Power Grid musste 2019 an rund 260 von 365 Tagen ins Netz eingreifen, um die Stabilität der Stromlieferungen zu gewährleisten. Sind das normale Eingriffe oder Notfälle?
Sogenannte Redispatches, also Eingriffe, um die Netzstabilität zu gewährleisten, stehen inzwischen nahezu an der Tagesordnung und zeigen, dass die Systeme fragiler werden. Für eine sichere Stromversorgung sowie die Integration der Erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren brauchen wir daher ausreichend Reserven in allen Bereichen des Stromsystems. Um neue Kapazitäten bestmöglich in unser Stromsystem zu integrieren, müssen Flexibilitäts- und Speicheroptionen, Sektorkopplung sowie der dafür notwendige Netzausbau aus einer ganzheitlichen Perspektive gedacht, geplant und umgesetzt werden
Das VERBUND Gaskraftwerk in Mellach in der Steiermark ist für die Netzreserve sehr wichtig, weil es kurzfristig hochgefahren werden kann. Wie viele derartige „schwarzstartfähige“ Kraftwerke gibt es in Österreich?
Das VERBUND Gas-Kombikraftwerk im steirischen Mellach ist zur Netzstützung im Engpassmanagement im Einsatz. Dabei fordert der Regelzonenführer APG bei den unterschiedlichen Kraftwerksbetreibern entsprechende Betriebsarten an, um ungünstige Lastflüsse im europäischen Hochspannungsnetz zu vermeiden bzw. ausgleichen zu können. Als schwarzstartfähig bezeichnet man die Fähigkeit eines Kraftwerks, unabhängig vom Stromnetz – quasi aus eigener Kraft – wieder hochzufahren. In Österreich sind vor allem die Pumpspeicherkraftwerke schwarzstartfähig.
Sollten hier noch mehr gebaut werden bzw. gibt es welche, die man sanieren müsste?
Als VERBUND investieren wir gemäß unserer Strategie nicht in CO2-emittierende Technologien und werden kein weiteres Gaskraftwerk bauen. International gehen Überlegungen in Richtung „Peaker“, das sind kleinere Gaskraftwerke, die sehr schnell hochgefahren werden können und zur Abfederung von Spitzenlast eingesetzt werden können.
Kernkraft spielt in Europa eine große Rolle. Wie stehen Sie dazu?
Österreich hat sich vor Jahrzehnten gegen Kernkraft ausgesprochen, weil diese Technologie risikobehaftet und nicht nachhaltig ist. Wir sind aufgrund der topographischen Gegebenheiten prädestiniert für erneuerbaren Strom. International sind wir natürlich in europäischen Strommärkten vernetzt und während Deutschland beispielsweise bis 2022 aus der Nuklearenergie aussteigt, stellt sich das für unterschiedliche Länder anders dar.
18 Milliarden Euro sollen in den nächsten zehn Jahren in die Netze investiert werden. Ist das genug, um eine Sicherheit vor einem Blackout gewährleisten zu können?
Wir müssen das System in seiner Gesamtheit betrachten und fit für die Energiezukunft machen. Durch die fortschreitende Transformation des Stromsystems in Richtung Erneuerbare wachsen die Anforderungen an Netze, Kraftwerke und Speicher, während gleichzeitig gesicherte Kapazitäten schwinden. Deswegen ist die Fertigstellung der 380-kV-Leitung so ein wichtiges Infrastrukturprojekt und entscheidend für die Umsetzung der Energiewende. In den nächsten zehn Jahren will die APG rund 3,1 Milliarden Euro in den österreichischen Netzausbau investieren.
Neben Unwettern können auch Terrorattacken oder Cyberangriffe einen Blackout auslösen. Finden Cyberangriffe tatsächlich statt? Wie gut ist VERBUND gegen Cyberangriffe gerüstet?
Dieser Bedrohung sind wir uns absolut bewusst und wir stellen uns auch dementsprechend auf. Basierend auf unserem integrierten Information Security Management System testen und prüfen wir unsere Systeme und entwickeln sie kontinuierlich weiter.
Wie hoch ist die Gefahr tatsächlich, dass es zu einem Blackout kommt?
Zahlenangaben oder Prozenteinschätzungen wären hier unseriös. Es gibt ein erhöhtes Risiko aufgrund der volatiler werdenden Energiesysteme. Aber der Frequenzabfall vom 8. Jänner hat ja auch bewiesen, wie gut die internationale Zusammenarbeit funktioniert, um solche Situationen zu beherrschen. Vorsicht und Umsicht sind geboten, Panik ist nie ein guter Ratgeber.
100-prozentige Sicherheit gibt es nicht
Wie die Energie AG auf den „Beinahe-Blackout“ am 8. Jänner reagiert hat und wie wichtig Pumpspeicherkraftwerke für die Versorgungssicherheit sind, hat uns Energie AG-Generaldirektor DDr. Werner Steinecker erklärt.
Herr Generaldirektor, wie hat die Energie AG auf den Zwischenfall am 8. Jänner reagiert?
Wenn es, wie Anfang Jänner, zu einer sogenannten Frequenzabweichung im europäischen Stromnetz kommt, setzt der Netzbetreiber Notmaßnahmen. Dazu gehört zum Beispiel der Einsatz von Wasserkraftwerken in einem speziellen Betriebsmodus, um die Netzfrequenz wieder zu stabilisieren. Bei diesem Zwischenfall wurden insgesamt fünf Traunkraftwerke der Energie AG in diesen frequenzabhängigen Betriebsmodus geschaltet.
Haben zum Beispiel Großkunden der Energie AG von diesem „Beinahe-Blackout“ etwas mitbekommen?
Das Übertragungsnetz gibt die Netzfrequenz vor, das ist der „Pulsschlag des Stromnetzes“, und alle anderen Netze richten sich danach aus. Spürbar wird das zum Beispiel sofort bei Produktionsanlagen, bei denen computergesteuerte Prozesse zum Einsatz kommen. Dort gibt es zum Schutz dieser Anlagen eigene Messeinrichtungen, die solche Frequenzänderungen sofort erkennen.
Wer übernimmt im Fall eines Blackouts die Führung von allen Maßnahmen zum Wiederaufbau der Stromversorgung?
Wenn der Strom großflächig und über Ländergrenzen hinweg ausfällt, wird der folgende Prozess zum Wiederaufbau der Stromversorgung vom Übertragungsnetzbetreiber, in Österreich von der APG, koordiniert. Die darunterliegenden Netze müssen sich nach diesen Vorgaben richten. Es gibt exakte Pläne, wer, wann, was machen soll und muss.
Wenn die Frequenz im Höchstspannungsnetz unter 48 Hertz fällt, wird automatisch die Stromversorgung für einige Ihrer Kunden abgeschaltet. Welche Branchen wären das zum Beispiel?
Generell muss man wissen, dass im Stromnetz immer so viel Energie vorhanden sein muss, wie in diesem Augenblick gerade verbraucht wird. Das ist ein physikalisches Grundgesetz, anders funktioniert das nicht und hier gibt es auch keinen Spielraum. Die Netzfrequenz sinkt ab, wenn zu wenig Strom für den aktuellen Stromverbrauch da ist. Im Gegensatz dazu steigt sie, wenn mehr Strom da ist, als verbraucht wird. Ein automatisches Trennen macht vor allem bei energieintensiven Großverbrauchern Sinn. Hier gibt es auch spezielle Verträge mit den Unternehmen, bei denen das möglich ist. Bei einer Überfrequenz werden als Gegenmaßnahme Kraftwerksleistungen zurückgefahren.
Eine wesentliche Rolle spielen beim Wiederaufbau der Stromversorgung sogenannte schwarzstartfähige Kraftwerke. Von den 43 Wasserkraftwerken der Energie AG sind 19 schwarzstartfähig. Könnte man mit diesen bei einem europaweiten Blackout das Stromnetz eigenständig wieder hochfahren?
Schwarzstartfähig heißt, dass das Kraftwerk ohne Anschluss an das Stromnetz wieder mit der Stromerzeugung beginnen kann. Man kann dann auch von diesem Kraftwerk aus beginnen, die angrenzenden Netzteile wieder mit Strom zu versorgen, sogenannte Versorgungsinseln zu errichten. Das ist relativ kurzfristig möglich. Die Herausforderung ist aber, das große Ganze im Blick zu haben, denn letztlich müssen alle Inseln wieder zusammengeschaltet werden – und das ist dann die Kunst, das so hinzubekommen, dass die Versorgung nicht wieder zusammenbricht.
In Österreich und in der Schweiz wird bei einem Blackout von den Pumpspeicherkraftwerken das gesamte Übertragungsnetz in Europa wieder bespannt. Wie viele derartige Kraftwerke betreibt die Energie AG derzeit?
Die Energie AG betreibt in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark 34 Lauf- und neun Speicherkraftwerke.
Die Energie AG hat das Konzept für das lange geplante Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee baufertig in der Schublade liegen. Wie ist hier aktuell der Stand der Dinge?
Für das Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee liegen alle Genehmigungen vor. Gebaut wird, wenn es auch wirtschaftlich betrieben werden kann. Das ist derzeit nicht der Fall. Allerdings hat gerade dieser Vorfall am 8. Jänner gezeigt, wie wichtig derartige Kraftwerke sind. Vonseiten der Politik sollten daher Impulse gesetzt werden, um die Realisierung von Pumpspeicherkraftwerken zu ermöglich.
Wie dringlich ist der Bau der oben genannten Pumpspeicherkraftwerke hinsichtlich der Versorgungssicherheit?
Sehr dringlich, denn der Ausbau der Erneuerbaren Energien Sonne und Wind machen die Produktion noch volatiler. Das Pumpspeicherkraftwerk in Ebensee wird genau diesen Zweck erfüllen. Mit der geplanten Leistung von 150 MW ist es aber vor allem für den oberösterreichischen Bedarf ausgerichtet.
Wenn diese für die Versorgungssicherheit so wichtig sind, warum gibt man dann nicht grünes Licht für den Bau. Woran scheitert das? Sind sie zu teuer?
Wie bereits erwähnt, ist es derzeit nicht wirtschaftlich, weil die Schere zwischen dem Strom zum Pumpen und dann dem teureren Strom zur Produktion zu gering ist. Darum wird derzeit auch eine Unterstützung seitens der öffentlichen Hand diskutiert.
Das Parlament hat vor Weihnachten eine Neuregelung der Netzreserve beschlossen. Wie zufrieden sind Sie damit?
Durch den Beschluss wurden die EU-Vorgaben fristgerecht erfüllt und fürs Erste Planungs- und vor allem Rechtssicherheit bei diesem wichtigen Thema geschaffen. Ob sich die aktuelle Regelung aber dazu eignet, die Netzreserve auch längerfristig ausreichend zu dotieren, wird sich noch zeigen. Das in der Neuregelung verankerte Stilllegungsverbot ist jedoch kritisch zu betrachten.
Inwieweit wird das Personal des Netzführungszentrums, das zur Energie AG gehört, auf einen möglichen Blackout-Fall geschult und wie läuft so etwas ab?
Die Kollegen von „Netz Oberösterreich“ nehmen regelmäßig an Schulungen und Trainings teil. In Deutschland gibt es ein spezielles Simulator-
Training, in dem genau die Situationen nachgestellt werden können, zu denen es nach einem Blackout kommen kann.
Auch Cyberattacken können einen Blackout auslösen. Erst vor zwei Jahren hat die Energie AG ein Szenario einer Cyberattacke simuliert. Wie ist das abgelaufen und welche Lehren hat man daraus gezogen?
Derartige Attacken werden regelmäßig simuliert und daraus die entsprechenden Schlüsse gezogen. So soll ein höchstmöglicher Schutz zur Abwehr von Cyberattacken geschaffen werden.
Wie kann man die Bevölkerung auf einen Blackout-Fall vorbereiten?
Seitens der Netzbetreiber wird schon heute alles unternommen, was für die Verhinderung eines Blackouts notwendig ist. Es gibt mit dem Zivilschutzverband OÖ eine kompetente Anlaufstelle, bei der jeder Oberösterreicher bestens informiert wird, wie man selbst vorsorgen kann. Der Fokus wird bei Privathaushalten auf der Selbst-
Bevorratung liegen.
Absolute Sicherheit gibt es nicht. Wie gut sind Sie selbst auf einen möglichen Blackout vorbereitet?
Diese Frage wird immer wieder gestellt. Eine der Grundvoraussetzungen ist ein autarkes Wärmesystem wie zum Beispiel ein Kachel-
ofen, der überdies die Möglichkeit bietet, auch Speisen warm zu machen. Eine weitere Herausforderung ist natürlich die Beleuchtung. Zumindest ein ausreichender Fundus an Kerzen sollte vorhanden sein, nebst Taschenlampen mit ausreichend Batterien. Ob ein Notstromaggregat die gebotene Sicherheit der Versorgung bietet, muss jeder selber entscheiden. Wichtig dabei ist, dass bei einer Einspeisung in das eigene Hausnetz, dieses vorher vom öffentlichen Netz getrennt wird, um einen Inselbetrieb zu ermöglichen. Das heißt eine fachkundige Installation ist unabdingbare Voraussetzung.
Welche Aktivitäten setzt man bei uns in Österreich oder auch in anderen Teilen Europas, um einen großflächigen Stromausfall zu verhindern?
Dass es hier einen besonderen Schutzbedarf gibt, haben die Netzbetreiber schon sehr bald erkannt. Man hat Konzepte erarbeitet, die genau diesen Fall verhindern sollen. Obwohl es nie eine hundertprozentige Sicherheit gibt, haben alle Schutzmaßnahmen in diesem Fall gewirkt. Dinge, die man gelernt hat, fließen natürlich in die Anpassung der Maßnahmen ein. Die Netzbetreiber sind hier sehr gut aufgestellt.
Was tun beim Blackout?
Wer auf einen Blackout gut vorbereitet ist, ist auf fast jede Krise gut vorbereitet. Jeder Bürger sollte im Fall der Fälle mindestens sieben Tage autark leben können, ohne das Haus verlassen zu müssen. Wie das geht und was es zu beachten gibt, hat uns Josef Lindner, Geschäftsführer des OÖ Zivilschutzverbandes, erklärt.
Herr Lindner, wie realistisch schätzen Sie die Gefahr ein, dass wir einen Blackout-Fall haben werden?
Diesbezüglich gibt es keine Prognosen, VERBUND-Vorstandsvorsitzender Dr. Michael Strugl hat in einem Interview betont, dass die Blackout-Gefahr steigt. Auch das Bundesheer geht davon aus, dass das Risiko eines Blackouts in den kommenden fünf Jahren bei 100 Prozent liegt.
Der OÖ Zivilschutz ist in der Prävention tätig, um das Bewusstsein der Menschen allgemein für Gefahren zu schärfen. Wie schaut es mit dem Bewusstsein in Sachen Blackout aus?
Mittlerweile ist vielen Menschen bewusst, dass ein Blackout ein Thema ist. Das war vor einigen Jahren noch nicht der Fall. Vor allem durch Corona hat sich das verstärkt, da man gesehen hat, dass das Unmögliche möglich wird. Vielen Menschen fehlt aber noch das Wissen, wie sie sich darauf vorbereiten können.
Wie sollte man sich darauf vorbereiten?
Man sollte sich bewusst machen, wie es ist, wenn man eine Woche lang keinen Strom hat. In so einem Fall ist es gut, wenn man vorgesorgt hat. Wenn es Ihnen gelingt, dass Sie zehn Tage nicht außer Haus gehen müssen und auch keine fremde Hilfe brauchen, dann sind Sie autark und das ist wichtig.
Wie merkt man eigentlich, ob es sich um einen Stromausfall oder ein Blackout handelt?
Das merkt man anfangs gar nicht. Am besten man versucht, Verwandte oder Bekannte im Ausland telefonisch zu erreichen. Wenn auch diese keinen Strom mehr haben, dann kann man davon ausgehen, dass es sich um einen Blackout handelt und es für eine Zeit lang das letzte Gespräch war. Auch im Radio wird man informiert, daher ist es wichtig, dass man sich ein stromunabhängiges Notfallradio anschafft. Der ORF wird im Fall einer Katastrophe 72 Stunden lang senden.
Wie lange kann man noch mit dem Handy telefonieren?
Das wird schwierig, weil bei einem großflächigen Stromausfall auch das Handynetz nicht mehr funktionieren wird. Wenn der Stromausfall um Mitternacht eintritt und sie merken um sechs Uhr früh, dass der Strom weg ist, wird zwar der Akku des Handys noch voll sein, aber die Sender werden nicht mehr funktionieren.
Wie soll ich mich verhalten, wenn der Strom ausfällt?
Am besten Sie nehmen Ihren privaten Haushalt vom Netz. Schalten Sie alle Geräte aus, die gerade in Verwendung sind, stecken Sie auch beim Computer, Fernseher und so weiter das Netzkabel aus und drehen Sie die Hauptsicherung ab.
Warum die Hauptsicherung?
Wenn Sie am Stromnetz hängen und es zu Schwankungen kommt, kann es sein, dass man vom Fernsehgerät bis hin zur Heizungssteuerung einen Schaden hat. Dann hat man zwar nach ein paar Tagen wieder Strom, aber die Heizungssteuerung funktioniert nicht mehr.
Wie sieht es in Spitälern und allgemein in Betrieben der kritischen Infrastruktur aus?
Krankenhäuser sind für die wichtigsten Bereiche notstromversorgt, mit zunehmender Dauer werden aber auch hier Probleme auftreten.
Macht es Sinn, als Privathaushalt ein Notstromaggregat zu haben?
Eigentlich nicht, denn die kleineren Geräte sind nicht für den Dauerbetrieb ausgerichtet. Ich befürchte sogar, dass sich jemand, der ein Notstromaggregat hat, womöglich zu viel darauf verlässt und nicht ausreichend vorsorgt. Wenn das Aggregat dann ausfällt, hat man gar nichts. Ich habe kein Notstromaggregat, weil ich es nicht brauche. Am besten ist es, mit ganz einfachen Dingen die Zeit zu überbrücken.
Welche Dinge sind das?
Man sollte einen Lebensmittelvorrat und Trinkwasser für mindestens sieben Tage anlegen, Notbeleuchtung haben und ein stromunabhängiges Notfallradio besorgen. Detaillierte Infos findet man auf unserer Homepage, wo wir auch einen Onlineshop betreiben. Wenn man gut vorsorgt und vorbereitet ist, kann man autark leben und braucht keine Angst haben. Angst ist ein schlechter Berater.
Wann bricht das Chaos aus?
Dazu gibt es keine Erfahrungswerte, wir wissen nicht, wann das System kippen wird und ob wir nach drei Tagen Anarchie haben werden. Da spielt sehr viel die Psychologie mit herein. Vor allem die junge Generation wird Probleme haben, wenn das Handy tagelang dunkel bleibt. Oder was passiert, wenn der Partner nicht nach Hause kommt. Da macht sich Panik breit. Es kann gut der Fall sein, dass diese Person in einem Aufzug steckt. Die Berufsfeuerwehr in Berlin hat eine Studie erstellt, wie lange man in Berlin zum Beispiel braucht, bis alle Personen aus den Fahrstühlen befreit werden können. Es dauert 48 Stunden, das sind zwei Tage. Das ist für alle sehr belastend.
Man soll also in der Familie einen Notfallplan machen?
Ja genau, man soll schon im Vorfeld die Thematik mit allen Familienmitgliedern besprechen und festlegen, wo man sich trifft und wer mit wem Kontakt aufnimmt. Mein Sohn lebt größtenteils in Innsbruck. Wir haben vereinbart, dass er im Notfall zu uns nach Oberösterreich kommt.
Was Sie im Haus haben sollten
• Lebensmittelvorrat und Trinkwasser für mindestens sieben Tage:Der Inhalt der Tiefkühltruhe sollte zuerst verbraucht, aber nicht in erster Linie als Vorrat verwendet werden.
• Wasservorrat zum Kochen und für Hygiene
• Ersatzkochgelegenheit: zum Beispiel Zivilschutz-Notkochstelle, Campingkocher, Fonduekocher
• Ersatzbeleuchtung: am besten kurbelbetrieben – durch den Verzicht auf Kerzen kann die Brandgefahr verringert werden.
• Notfallradio mit Kurbelantrieb oder batteriebeladen – mit der Möglichkeit, das Handy aufzuladen (erhältlich beim OÖ Zivilschutzverband).
• Bargeld in kleinen Scheinen
• Hygieneartikel: Zahnbürste, Zahnpasta, Seife, Shampoo, Toilettenpapier, Binden oder Tampons, Müllbeutel, Notfall-Toilettenbeutel
• Erste Hilfe-Hausapotheke sowie Medikamente für mindestens eine Woche
• Alternative Heizmöglichkeiten wie Heizgeräte, die mit Petroleum oder Flaschengas betrieben werden, Kachelöfen oder Kaminöfen
Infos und Produkte
gibt es bei den Vorsorge-Experten des OÖ Zivilschutzverbandes in der
Petzoldstraße 41 in Linz,
Tel. 0732/65 24 36 sowie online unter www.zivilschutz-ooe.at