Lifestyle | 28.03.2022
Vorsicht bei der Dachsanierung: Asbest lauert
Dass Asbest Krebs verursachen kann, ist allgemein bekannt. Gut, dass das Verbauen asbesthaltiger Materialien seit 1990 in Österreich verboten ist. Bis dahin war Asbest jedoch ein weitverbreiteter Baustoff. Besonders bei Sanierung, Umbau oder Abbruch älterer Häuser steht die Gesundheit der Bauarbeiter und Bewohner immer noch am Spiel. Auch die vergangenen Hagelschäden oder die Montage von PV-Anlagen machen Dächer zu einer unsichtbaren Gefahr, vor der Anton Dallinger dringend warnt. Mit Messungen der Asbestfaserkonzentration in der Luft, Befunden und Laborauswertungen sowie Dekontaminierung steht der Sachverständige Betroffenen zur Seite. In Österreich kaum thematisiert, ist der Experte aus Thalheim/Wels einer der Ersten, der die Problematik der Asbestsanierung eindringlich anspricht. Ein Interview über die vergessene Gefahr.
Herr Dallinger, bei einer Dachsanierung durch geschulte Handwerker glaubt man sich in sicheren Händen. Warum kann das Dach, auch wenn es neu ist, eine tödliche Gefahr für die Familie darstellen?
Jahrzehntealte Dächer, die asbesthaltige Materialien enthalten, werden zwar renoviert und repariert, doch bleiben krebserregende Asbestfasern zurück. Das vollständige Entfernen ist jedoch von immenser Wichtigkeit, weil sonst ein Krankheitsprozess in Gang gesetzt werden kann. Obwohl die Herstellung und das Inverkehrbringen von Asbest und asbesthaltigen Produkten seit 1990 verboten ist, tickt die Zeitbombe Asbest in älteren Dächern weiter. Solange diese nicht beschädigt sind, besteht keine Gesundheitsgefährdung. Wenn aber zum Beispiel Hagel die Platten durchschlägt, ist ernsthafte Gesundheitsgefahr gegeben. Es ist unbedingt davon abzuraten, dann selbst den Dachboden zu säubern oder den Boden zu kehren. Schon das Betreten kann durch aufwirbelnde Asbestfasern die Lunge schädigen. Auch spielende Kinder am Dachboden werden unwissentlich einem großen Risiko ausgesetzt.
Von welchen Dächern geht eine Gesundheitsgefahr aus?
Von jedem älteren Dach aus Asbestzement, das vor 1995 eingedeckt wurde – Achtung, Restbestände! Ein unbeschädigtes Dach stellt keine Gefahr dar. Erst durch Schäden und Brüche werden Asbestfasern freigesetzt, die nach der Sanierung noch im Dachboden verbleiben können. Durch Hagel etwa findet hundertprozentig eine Kontaminierung statt. Ein Hagelgeschoss von 4 cm im Durchmesser kann pro Bruchstelle bis zu 150.000 krebserregende Asbestfasern freisetzen und eine unmittelbare Bedrohung darstellen. Ein Hagelschaden mit 20 Löchern würde bereits mit drei
Millionen Fasern den Dachboden kontaminieren. Studien zur Ermittlung der Asbestfaserfreisetzung bei Asbestzementplattenbruch belegen diese Problematik.
Was ist das Heimtückische an Asbestfasern?
Die Inkubationszeit beträgt zwischen zehn und 40 Jahren und genau das macht die Asbestfasern zu einer heimtückischen Gefahr, weil Krankheitsbilder wie Lungenfibrose oder im schlimmsten Fall Krebs erst nach Jahren auftreten.
Vorsichtig sollten auch Heimwerker bei der Sanierung in Eigenregie sein. Warum?
Beim unsachgemäßen Öffnen und Entfernen von asbesthaltigen Dächern und Fassaden können hohe Asbestfasermengen in die Raumluft gelangen. Deshalb sollten nur Spezialfirmen mit derartigen Arbeiten beauftragt werden, auch wenn der finanzielle Aufwand dadurch größer ist.
Was ist zu tun, wenn das Dach vom Hagel beschädigt wurde? Wie kann man sich schützen?
Man sollte unbedingt eine Messung der Asbestfaserkonzentration in der Luft und eine Untersuchung mit dem Rasterelektronenmikroskop (REM) durchführen lassen. Bitte keinesfalls den Dachboden selbst betreten oder gar von Kindern betreten lassen, da, wie gesagt, schon beim Gehen Asbeststaub aufgewirbelt werden kann!
Wann ist der beste Zeitpunkt für die Messung?
Zu jedem Zeitpunkt nach der Beschädigung. Die Messung macht bereits vor der Neueindeckung des Daches Sinn, oder aber danach. Wichtig ist, dass eine Messung erfolgt und anschließend rasch eine Dekontaminierung und Reinigung von einem Fachbetrieb durchgeführt wird.
Nicht nur Hagel kann Schäden verursachen, sondern auch die Montage von PV-Anlagen. Was sind weitere Gründe, die eine Messung erforderlich machen?
Wenn das Dach bereits stark verwittert ist, Risse aufweist oder wenn Umbau-, Sanierungs-, Umdeckarbeiten oder Reparaturen stattgefunden haben.
Herr Dallinger, was ist zusammenfassend Ihr Anliegen als Sachverständiger und Gerichtsgutachter?
Mein größtes Anliegen ist es, Dachbesitzer über die unsichtbare und vergessene Gefahr Asbest aufzuklären. Auch bei Messung und Dekontaminierungsmaßnahmen stehe ich gerne zur Seite.
Checkliste:
Bin ich nach meiner neuen Dacheindeckung gesundheitlich gefährdet?
Das Dach ist neu, aber wurden auch die krebserregenden Asbestfasern entfernt? Löcher oder Plattenbrüche, z. B. nach Hagelschäden, können krebserregende Asbestfasern freisetzen, die auch nach der Dachsanierung messbar sind.
1. Haben oder hatten Sie ein Dach aus Asbestmaterial? z. B. Asbestzementplatten, Wellplatten, Rhombusplatten
2. Wurde Ihr Dach vor 1995 eingedeckt? (Achtung Restbestände!)
3. Könnten ungünstige Einwirkungen auf das Dach stattgefunden haben bzw. ist die Oberfläche bereits stark verwittert? z. B. dass Platten bei der Demontage zerbrochen sind oder durch Hagel verursachte Bruchstücke in den Dachboden gefallen sind bzw. Risse in der Dacheindeckung vorhanden waren.
4. War die alte Dacheindeckung bzw. Dachreparatur vom Dachboden sichtbar? (ohne Unterdach)
5. Wurde eine neue PV-Anlage am älteren Dach installiert?
Sollten Sie die Fragen mit Ja beantwortet haben, besteht eine hohe Gefahr, dass krebserregende und krankmachende Fasern verschleppt wurden. In diesem Fall wird eine gründliche Überprüfung mittels Raumluftmessung und Überprüfung mit dem Rasterelektronen-
mikroskop empfohlen. Bei erhöhter Faseranzahl in der Luft wäre eine sofortige Dekontaminierung erforderlich.
Quelle: www.dach-beratung.at
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