Lifestyle | 22.06.2020
Jugend ohne Lust
Junge Menschen wachsen heute mit Social Media auf, wo sie sich ständig mit anderen vergleichen. Auf Instagram sehen sie perfekte Körper, zufriedene Singles und glückliche Paare. Dabei geht es hauptsächlich um Äußerlichkeiten, ums Präsentieren, um eine Performance – und kaum ums Fühlen. Die Oberflächlichkeit und Unverbindlichkeit in den sozialen Medien stehen Bindungen im Weg. Sex kommt in stabilen Paarbeziehungen am häufigsten vor – und die werden seltener.
Daheim chillen statt ausgehen. Dazu kommt, dass viele Jugendliche unter starkem Druck stehen. Sie müssen funktionieren – in der Schule, in der Ausbildung, in der Freizeit. In der Folge wollen sie dann oft nur noch bei Netflix chillen, anstatt auszugehen und jemanden kennenzulernen. Das unbegrenzte digitale Ablenkungsangebot gibt wenig Freiräume für sexuelle Lust. Außer in Pornos. Gerade junge Männer beschäftigen sich oft intensiv mit dem riesigen Online-Angebot an pornografischen Inhalten. Sex verlagert sich in die virtuelle Welt und ist zur konsumierbaren Massenware geworden. Mit Sinnlichkeit, Erotik und Gefühlen hat das kaum noch etwas zu tun. Das kann das Verlangen, mit einem Menschen aus Fleisch und Blut aktiv zu werden, erheblich reduzieren.
So paradox es klingen mag: Das Gefühl, der nächste Sexualpartner sei nur einen Klick entfernt, kann die Lustlosigkeit fördern! Je leichter etwas zu erreichen ist, desto mehr verliert es an Reiz. In der Öffentlichkeit jemanden anzusprechen ist für viele Digital Natives unvorstellbar; viele haben keine Ahnung, wie man offline datet.
Verunsicherung auf beiden Seiten.
Einerseits haben junge Männer oft Angst, die hohen Erwartungen zu enttäuschen. Viele selbstbewusste junge Frauen wissen genau, was sie sich im Bett wünschen, was unerfahrene Männer wiederum verunsichert. Andererseits fällt mir bei jungen Klientinnen auf, dass sie oft auf die Wünsche ihrer Partner eingehen, ohne das wirklich zu wollen. Sie nehmen unangenehme Gefühle und sogar Schmerzen in Kauf, weil sie glauben, Sex müsse so ablaufen wie in einem Porno. Verständlich, dass da keine Lust aufkommt …
Weniger Sex - auch bei den Eltern.
Unabhängig von der Ursache kommen alle Studien zum gleichen Ergebnis: Wir haben immer weniger Sex. Und das betrifft nicht nur die Jugend – das sogenannte Panda-Syndrom nimmt auch bei deren Eltern zu. Den niedlichen Bären wird nachgesagt, zu träge für Sex zu sein. Nach einem anstrengenden Tag wird lieber vor der Glotze gelegen, anstatt ein Schäferstündchen zu genießen. Darüber hinaus beschäftigen sich viele Menschen mehr mit ihrem Smartphone als mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin. Fernseher und Handys im Schlafzimmer führen nachweislich zu weniger Sex!
Natürlich darf es in jeder Beziehung Zeiten geben, in denen Sex keine große Rolle spielt. Dennoch sollte man sich in Erinnerung rufen, dass es gerade die intimen Stunden sind, die das Liebesgefühl nähren. Paare, die sich regelmäßig körperlich nahe sind, schätzen sich gegenseitig mehr und haben ein positiveres inneres Bild voneinander. Bei der körperlichen Liebe sind viele Emotionen im Spiel, die wichtig sind, um sich verbunden zu fühlen: Nähe, Zärtlichkeit, Lust, Geborgenheit, Intimität … Außerdem kann Sex auch für das individuelle Wohlbefinden ein wichtiger Faktor sein.
Wenn Sie unter zu wenig Sex leiden und nicht wissen, wie Sie Ihr Liebesleben wieder in Schwung bringen können, nehmen Sie lieber früher als später professionelle Hilfe in Anspruch!