Lifestyle | 07.03.2022
How to survive als Mann
Durch seine Scheidung und einen darauffolgenden Selbstfindungsprozess kam Andreas Wagner drauf, dass es an seiner Männlichkeit hapert. Einer der Gründe dafür war sicher auch, dass er in einem stark weiblich geprägten Umfeld aufgewachsen war. Warum Buben männliche Vorbilder brauchen, Frauen auf Bad Boys stehen und wie Männer männlicher werden können, hat uns der Journalist und Autor im Interview erzählt.
Herr Wagner, wie kamen Sie auf die Idee, ein Buch über das Überleben von Männern zu schreiben?
Andreas Wagner: Dank der sozialen Sicherheitssysteme überleben Männer heute ganz gut, sodass man das Überleben eher im übertragenen Sinne verstehen muss. Das Rollenbild des Mannes hat sich im Laufe der Zeit stark verändert und viele Männer tun sich nun schwer, weil sie orientierungslos sind und keine guten männlichen Vorbilder haben. Auch ich war einer von ihnen, bis ich entdeckt habe, was ich tun muss, um ein glücklicheres Leben zu führen. Dieses Wissen möchte ich mit diesem Buch weitergeben.
Sie sagen, dass ein Mann nur dann wirklich glücklich sein kann, wenn er mit seiner männlichen Essenz verbunden ist und danach handelt. Was meinen Sie damit?
Während die feminine Essenz von Emotionen und intimen Beziehungen zehrt, kommt die maskuline Essenz von einer Richtung oder Mission im Leben. Wenn ein Mensch glücklich sein will, muss er oder sie mit der primären Essenz im Reinen sein, Männer also typischerweise mit der männlichen. Wer das nicht tut, lebt ziellos, versinkt in irgendwelchen Süchten und erfreut sich nur an Dingen, die kurzfristig Vergnügen bereiten, aber nicht nachhaltig sind. Das ist ein Rezept zum Unglücklichsein oder gar für Depressionen.
Auf welche Quellen haben Sie sich bei der Recherche für das Buch gestützt? Beruhen Ihre Theorien auch auf eigenen Erfahrungen?
Da ist auf jeden Fall viel Autobiografisches in dem Buch, aber ich habe das mit wissenschaftlichen Studien und den Erfahrungen anderer Menschen verbunden. Meine eigenen, teilweise leidvollen Erfahrungen sowie Geschichten, die ich über die Jahre von anderen Leuten mitbekommen habe, dienen als Grundgerüst. Weil es so viele Männer gibt, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, können sich sicher viele sehr gut mit meinen Erzählungen identifizieren.
Warum halten Sie es für essenziell, dass Männer in ihrer Kindheit auch männliche Vorbilder haben, die sie erziehen und beeinflussen? Was passiert, wenn sie beim Aufwachsen hauptsächlich von Frauen umgeben sind?
Dann kommt so etwas dabei heraus wie ich (lacht). Nein, Spaß beiseite. Ich hatte eine sehr weibliche Erziehung, war in meiner Kindheit die meiste Zeit fast nur von Frauen umgeben. Was dann passiert, ist, dass der heranwachsende Mann unterbewusst weibliche Denkweisen, Ausdrucksweisen und sogar Körperbewegungen annimmt. Positiv betrachtet können wir sagen, dass diese Männer Frauen gut verstehen und einfühlsam sind. Das Problem ist aber, dass all dies sie in den Augen von Frauen sexuell sehr unattraktiv macht. Je mehr Männlichkeit ein Junge mit auf den Weg bekommt, desto attraktiver wird er auf Frauen wirken.
Heute werden Buben oftmals hauptsächlich von Frauen erzogen (Alleinerzieherinnen, Kindergarten, Volksschule). Was können Mütter tun, wenn die männlichen Bezugspersonen fehlen? Haben Sie da einen Rat?
Sie sollten versuchen, dem Buben männliche Vorbilder auf andere Weise zu präsentieren. Das kann der Stiefvater sein oder der Cousin, der Patenonkel oder vielleicht ein Freund der Mutter, der den Jungen mal zu einem Fußballspiel oder zum Eishockey mitnimmt. Und noch wichtiger: Die Mutter sollte den Buben nicht überbemuttern. Das gilt sowieso für jede Mutter, aber wenn der ausgleichende Pol des Vaters fehlt, kann das noch schlimmer für das Kind sein. Eine Mutter versucht natürlich, ihren Sohn immer zu beschützen. Viele Frauen verbieten dem Buben dann gewisse Dinge und stellen alles immer als gefährlich dar. Kleine Gefahren, die nicht lebensbedrohlich sind, sind aber sehr wichtig für die Entwicklung.
Sie behaupten, der Status eines Mannes sei bei der Partnerwahl entscheidend. Woran liegt das und was hat das Pareto-Prinzip damit zu tun?
Wir mögen zwar im 21. Jahrhundert leben, aber wir sind im Prinzip dieselben Menschen wie vor 100.000 Jahren. Damals war es für Frauen unglaublich wichtig, dass ein Mann für sie gesorgt und sie beschützt hat. Je höher sein Status war, desto größer waren ihre Überlebenschancen. Heute können Frauen sehr gut für sich selbst sorgen, aber sie tragen dennoch die alte Programmierung in sich. Das Pareto-Prinzip besagt, dass 20 Prozent der Ursachen 80 Prozent der Wirkung haben. Bei Männern ist das nun so, dass die oberen 20 Prozent der Männer 80 Prozent der Frauen anziehen, weil Frauen eben auf den Status eines Mannes achten. Zum Glück unternimmt die Gesellschaft als Ganzes da einiges dagegen, sonst würde der Großteil der Männer keine Frau abbekommen. Das ist die traurige Wahrheit.
Sie haben als Dolmetscher für Fußballer und Trainer wie José Mourinho, Jürgen Klopp, Pep Guardiola, Mesut Özil oder Manuel Neuer gearbeitet. Ich würde mal sagen, sie alle gehören zu den oberen 20 Prozent der Männer, die Frauen anziehen. Inwieweit haben Sie diese Männer inspiriert?
Als ich sie damals kennengelernt habe, war ich leider noch in einer Phase meines Lebens, in der ich es nicht für möglich gehalten habe, dass man als normaler Mann zu den oberen 20 Prozent gehören könnte. Inspiriert haben mich einige dieser Männer trotzdem. Pep Guardiola zum Beispiel war stets ein echter Gentleman, der nie seinen Status raushängen hat lassen und gerade dadurch noch attraktiver wirkte.
Frauen finden oftmals den Bad Boy anziehender als den Nice Guy. Warum denken Sie, ist das so, und zu welcher Kategorie zählen Sie sich selbst?
Bad Boys ist es egal, was andere über sie denken. Sie tun und lassen das, was sie wollen. Das kommuniziert unterbewusst, dass sie einen hohen Status haben. Nice Guys hingegen stehen nicht für sich selbst und ihre Werte ein. Sie versuchen, es anderen recht zu machen. Ein Mann mit hohem Status tut das aber nicht. Ich selbst war lange Zeit selber so ein netter Junge, ein Schwiegermutter-Liebling. Ich behaupte, dass ich immer noch nett bin, aber gleichzeitig selbstbewusst, und ich stehe für mich ein.
Sie raten in Ihrem Buch davon ab, sich neue Partner bzw. Beziehungen über Dating Apps zu suchen. Warum machen solche Apps das Leben von Männern schwerer?
Ich will Dating Apps nicht komplett verteufeln. Ich habe selbst meine Freundin über eine solche App kennengelernt. Das kann durchaus funktionieren. Aber: Der Weg dahin ist nicht nur steinig, sondern bringt viele negative Dinge mit sich, unter anderem Selbstwertprobleme, Frustration und nicht selten eine Sucht. Das Problem ist hier das Pareto-Prinzip. Wenn man zu den oberen 20 Prozent der Männer gehört, können Dating Apps wunderbar sein. Die restlichen 80 Prozent von uns werden hauptsächlich Misserfolge und enttäuschte Hoffnungen haben.
Sie betonen immer wieder, dass es in Beziehungen im Zusammenleben mit Frauen wichtig ist, dass Männer männlicher werden. Wie kann man das werden bzw. beeinflussen?
Das klappt nicht von heute auf morgen, aber es gibt durchaus ein paar Ansatzpunkte. Ein vermeintlich banales Mittel, das abgedroschen klingt, aber wirklich eine große Wirkung hat, sind hartes Gewichttraining oder Kampfsport. Aber es gibt auch viele andere Dinge, die man machen kann, um seine Richtung im Leben zu finden oder selbstbewusster zu werden. Ich habe fast die Hälfte des Buches diesen Themen gewidmet.
Können Sie uns ein paar Tipps geben, wie ein Mann seinen Status verbessern kann?
Entgegen dem allgemeinen Glauben: weder den Jackpot im Lotto zu gewinnen noch eine Schönheitsoperation. Geld und gutes Aussehen können zwar den Status erhöhen, doch mir geht es eher um das Auftreten eines Mannes. Schnelle Veränderungen lassen sich zum Beispiel durch eine selbstbewusste Körpersprache, also eine ruhigere Präsenz, ohne schnelle Bewegungen, erzielen. Langfristig empfehle ich, wie schon erwähnt, Gewichttraining. Das stärkt nicht nur die Muskeln, sondern auch das Selbstbewusstsein. Und das Allerwichtigste: Führen lernen. Sei es beim Tanzen, beim Gespräch mit Freunden oder auf einer Party. Das bedeutet nicht, dass man wie ein Diktator alles bestimmt, sondern dass man seinen Mitmenschen einen Mehrwert erweist, indem man ihnen Entscheidungen abnimmt. Das ist der wahre Charakterzug eines Alpha-Mannes.
Ihre Scheidung und eine Selbstfindungsreise haben Sie zum Umdenken gebracht. Was machen Sie heute in der Beziehung zu Ihrer Freundin anders als in der Beziehung mit der Ex-Frau?
Da gibt es vieles, doch zusammenfassend kann ich sagen, dass ich nun so lebe, wie ich es will, und nicht, wie ich denke, dass meine Freundin es gerne möchte. Das heißt nicht, dass ich eigensinnig bin, aber ich verbiege mich nicht ständig um des lieben Friedens willen. Ein Beispiel: Ich habe gerade eine dreiwöchige Reise nach Las Vegas zur Poker-
WM für nächsten Sommer gebucht. Klar wird meine Freundin mich vermissen und ich sie auch. Aber sie versteht, dass das mein Traum ist. Und unterbewusst findet sie mich sicher attraktiver, weil ich meinen Traum lebe und nicht darauf verzichte, nur um bei ihr zu sein. Frauen wollen nicht der Mittelpunkt im Leben ihres Partners sein, sie wollen eine wichtige Rolle im erfüllten Leben eines Mannes spielen. Das musste ich erst einmal lernen.
Was hat sich für Sie im Leben allgemein verändert, seit Sie mit Ihrer männlichen Essenz verbunden sind und danach handeln?
Wie oben schon angesprochen, lebe ich mein Leben so, wie ich es will, ohne mich dafür bei anderen rechtfertigen zu müssen. Ich bin zielstrebiger als früher und wesentlich selbstbewusster. Auch meine körperliche Haltung hat sich deutlich verbessert. Als Nebeneffekt merke ich, dass Frauen nun viel öfter den Blickkontakt mit mir suchen oder halten, was es früher praktisch nie gegeben hat.
Wen sehen Sie als Zielgruppe für dieses Buch? Sollten es auch Frauen lesen, um besser zu verstehen, wie Männer ticken?
Ursprünglich habe ich das Buch für Männer geschrieben, die mit ihrem Leben nicht ganz zufrieden sind, aber nicht wissen, woran das liegt. In Gesprächen mit Frauen habe ich herausgefunden, dass viele Frauen das Thema sehr spannend finden, weil sie mehr über die Psyche und auch die Probleme der Männer wissen wollen. Daher können auch Frauen vom Buch profitieren.
Buchtipp
Andreas Wagner
HOW TO SURVIVE ALS MANN
Die Kunst des maskulinen Lebens im 21. Jahrhundert
224 Seiten | Taschenbuch
ISBN 978-3-86265-830-5
€ 12,99
Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag, Berlin 2021
www.schwarzkopf-schwarzkopf.de