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Uschi Fellnerlook into my life

Uschi Fellner | 27.09.2022

Kolumne by Uschi Fellner

Ich bin gelassen, was mein Aussehen betrifft. Meine Töchter nicht.

Gerne möchte ich heute folgende persönliche Beobachtung mit Ihnen teilen:

Angenommen, Sie sind mit Ihrem Gewicht unzufrieden oder mit Ihrer Frisur oder mit dem vierten Leberfleck von links auf der rechten Backe. Und Sie schaffen es gerade nicht, gesünder zu essen oder endlich zum Friseur zu gehen oder den Leberfleck zu überschminken, weil es Tage gibt, an denen das halt wurscht ist. Was passiert dann?

Ihre Nachbarn grüßen Sie weiterhin oder weiterhin nicht, je nachdem, was Sie für Nachbarn haben. Das Wetter bleibt, wie es ist, unabhängig von der Frisur. Keiner zeigt mit dem Finger auf Ihre vermeintliche Schwachstelle, klopft sich vor Vergnügen auf die Schenkel und wiehert: „Ha, so eine hässliche Speckrolle über dem Hosenbund habe ich schon lange nicht gesehen (bzw. so eine fade Frisur bzw. so einen grauenhaften Leberfleck)!“ Ich plädiere also für buddhistische Gelassenheit bei Fragen zu Äußerlichkeiten. Nix passiert!

Außer: Sie haben Töchter. Ich glaube ja, der Dalai Lama kann nur deshalb so gewaltig in sich ruhen, weil er keine Tochter hat, die an ihm rumkritisiert. Unlängst morgens in der Küche. Tochter Nr. 1: „Kann es sein, dass du zugenommen hast, Mama?“ Ich (voller Mund, Buttersemmel drinnen): „Hmm? Wischo?“ Tochter: „Na, ich kann mich irren, nur so! Aber steht dir eh gut!“ Ich, lauernd und hastig den Rest der Semmel verschlingend: „Wie kommst du da jetzt drauf?“ Tochter: „Weil, äh, also vielleicht ist es nur das, was du anhast!“ Ich, an mir herunterschauend und aufs Schlimmste gefasst, vielleicht will mir das Schicksal einen Streich spielen, ich bin ein Wunder der Natur und im achten Monat schwanger und hab’s nicht bemerkt …

„Warum, was hab ich an?“ Tochter: „Also, für das Kleid bist du, also, äh, das Kleid passt eher zu jemand Jüngerem, also, schönes Kleid, aber die Farbe ist zu, äh, bunt. Also für dich. Aber egal, wenn’s dir gefällt.“

Ich meisterte den Tag, ohne dem Spott meiner Umgebung ausgesetzt zu sein. Der Abend versprach weiteren Segen, Tochter Nr. 2 kam vorbei. Schaute mich an. Sprach: „Gut schaust du aus! Aber du solltest einmal wieder zum Friseur gehen, oder?“ Ich: „Warum, war ich letzte Woche ...“ Tochter: „Na, weil deine Haare, also, ab einem gewissen Alter wirkt es besser, wenn sie kürzer sind. Und deine Sommersprossen solltest du dir vielleicht lasern lassen, die gehen dann schnell weg! Oder du überschminkst sie. Also, nur ein Vorschlag, kein Mensch hat jetzt mehr Sommersprossen.“

Ich schlug vor, mich notschlachten zu lassen, dann wären alle Probleme fix erledigt. Was mit verdrehten Augen und „Jetzt sei doch nicht beleidigt!“ quittiert wurde. Meine Töchter haben definitiv einen anderen Humor als ich, finde, meiner ist besser.

Um weitere Kritik zu vermeiden, stehen die Chancen gut, dass ich demnächst wie Miss Ellie aus „Dallas“ auftrete. Sie wissen schon, die gütige Alte mit der grauen Beton-Frisur und den knöchellangen Röcken aus strapazfähigem Tuch.

Wobei, die Rebellin in mir fühlt sich dann schon eher zur dauerberauschten Sue Ellen hingezogen. Seidener, halb offener Morgenrock um 16.30 Uhr am Nachmittag. Whisky-Flasche lässig unterm Arm. Stufenschnitt, Pony seitlich ins Gesicht fallend. Todtrauriger Blick. Geht doch! Hicks. 

Wieso komme ich jetzt von meinen Töchtern auf Sue Ellen? Wahrscheinlich, weil mir die Szene präsent ist, in der Bösewicht J. R. Ewing vor seiner, hicks, im Morgenrock wankenden Frau steht und trocken anmerkt: „Sue Ellen, du schaust heute wieder richtig sch... aus.“

Dabei hatte die doch gar keine Töchter, oder?

Herzlichst Ihre

Bild uschi signature.bmp
USCHI FELLNER, HERAUSGEBERIN UND CHEFREDAKTEURIN