Warum das Glück in Tibet daheim ist

Linzer Gastwirt Günter Hager hat Tibet zur zweiten Heimat gemacht.

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© Günter Hager

Für den bekannten Linzer Gastwirt Günter Hager ist Tibet zur zweiten Heimat geworden. Denn dort hat er gelernt, welche Werte im Leben wirklich wichtig sind.

Günter Hager ist bekannt als leidenschaftlicher Gastwirt in seinem Linzer Lokal „Josef“. Was viele nicht wissen: Seit beinahe 30 Jahren reist der 68-Jährige regelmäßig nach Tibet. Dort hat er zwei Waisenhäuser für Flüchtlingskinder und ein Heim für alte Bergnomaden gebaut. Jetzt hat er ein Buch über seine Zeit im Himalaja geschrieben. Das auch ein großer Dank ist, weil Tibet ihn zu jenem Menschen gemacht hat, der er heute ist, wie Hager in unserem Interview erzählt. 

Ihr Buch trägt den Titel „Danke, Tibet – wo das Glück zu Hause ist“. Wofür danken Sie Tibet?
Günter Hager: Dass es mich Achtsamkeit gelehrt und mir gezeigt hat, welche Werte im Leben wirklich wichtig sind. Wenn ich Tibet und seine Menschen nicht kennengelernt hätte, hätte ich vermutlich schon längst einen Herzinfarkt gehabt. Ich bin Wirt aus Passion und stehe mit meinen 68 Jahren noch gern in der Küche. Allerdings hat mir meine Zeit in Tibet immer so gutgetan, weil ich dort gelernt habe, achtsamer zu sein. Alle Eindrücke, die ich in den vergangenen 30 Jahren dort gesammelt habe, haben mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin.

Warum ist das Glück Ihrer Ansicht nach in Tibet daheim?
Die Menschen in Tibet sind glücklich und zufrieden mit dem, was sie haben. Und das ist nicht sehr viel – zumindest aus unserer westlichen Sicht! Dafür leben sie jeden Tag ihre Werte Achtsamkeit, Nächstenliebe und Toleranz. Damit einher geht dann völlig selbstverständlich, dass sie zum Beispiel einen sehr respektvollen Umgang mit ihren Mitmenschen und der Natur haben. Außerdem haben mich viele besondere Momente bei meinen buddhistischen Freunden im Himalaja gelehrt, dass es nicht materieller Reichtum ist, der uns glücklich macht. Es sind die Begegnungen mit Menschen, die dieses höchste Gut unserer Emotionen in sich verkörpern, das Gefühl von Frieden, Freude und Glück. Darum tue ich mir auch schwer mit der vielen Raunzerei hierzulande, wenn ich nach einem Monat Tibet wieder zurückkomme. 

Sie sind tief in die Kultur und die jahrhundertealten Traditionen der tibetischen Bevölkerung eingetaucht und haben die unterschiedlichsten Menschen kennengelernt. Ist Ihnen ein Erlebnis oder eine Begegnung besonders in Erinnerung geblieben?
Ja, meine Begegnungen mit seiner Heiligkeit, dem Dalai-Lama. Das sind sehr besondere und inspirierende Momente, da bekomme ich heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke. Dass er sogar das Vorwort in meinem neuen Buch geschrieben hat, ist eine unglaubliche Ehre für mich. Ich kann mich auch noch genau an meine erste Audienz erinnern. Damals war der Dalai-Lama im Stift Melk zu Gast. Ich habe einen Anruf bekommen, dass mich seine Heiligkeit treffen möchte, um sich persönlich für mein Engagement in Tibet zu bedanken. Mir hat es im ersten Moment die Sprache verschlagen – und wer mich kennt, weiß, dass das nicht oft der Fall ist (lacht).
Nach unserem Gespräch hat mir der Dalai-Lama einen Khata als Geschenk überreicht. Das ist ein traditioneller tibetischer Schal. In meiner überbordenden Begeisterung habe ich ihn gebeten, mir ein Autogramm darauf zu geben. Das mag damals peinlich und sogar störend gewirkt haben, allerdings hüte ich diesen Schal heute noch wie einen Schatz.

© Günter Hager

Sie haben in Tibet zwei Waisenhäuser für Flüchtlingskinder und ein Altenheim für Bergnomaden gebaut. Wo kommt dieses Engagement her?
Begonnen hat alles in den 80er-Jahren. Damals war ich als Haubenkoch bei den „Österreichischen Gourmetwochen“ regelmäßig in Asien unterwegs. Und seitdem war mein großer Traum, einmal nach Lhasa, in diese geheimnisvolle Hauptstadt Tibets, zu reisen. Dieser Traum hat sich dann Mitte der 90er-Jahre für mich erfüllt. Und ich weiß selbst nicht so genau, wo das herkommt, aber ich habe mich diesem Land und seinen Menschen von Anfang an zugehörig gefühlt. Mittlerweile glaube ich, dass ich – wenn es so etwas wie Wiedergeburt gibt – selbst in einem früheren Leben mal einer von ihnen gewesen bin. Ich wollte etwas tun, etwas beitragen, und darum habe ich ein Heim für betagte Bergnomaden und zwei Waisenhäuser für tibetische Kinder gebaut, die über die Schneeberge geflüchtet sind. Das ist ein kleiner Beitrag, um ihnen den Aufenthalt im indischen Exil zu erleichtern. Hier erlernen sie ihre Kultur und Traditionen in unmittelbarer Nähe des Dalai-Lama, ihres religiösen und geistigen Oberhaupts. Es ist sozusagen mein Beitrag zum Erhalt einer tausendjährigen Kultur, die von den Mächtigen dieser Welt aus wirtschaftlicher Gier und für militärische Macht geopfert und vernichtet wird. 

Was ist das Besondere an Ihrem Buch?
Es ist ein sehr persönliches Buch geworden. Ich habe darin alle meine Erlebnisse und Erfahrungen der vergangenen 30 Jahre gesammelt. Es sind sehr intime Einblicke in eine uns kaum bekannte Welt und eine Lebensweise, die von unserem westlichen Kulturkreis völlig abweicht und grundverschieden ist. Es ist nicht nur meine eigene Geschichte, sondern beinhaltet auch die Geschichten von Menschen, die ich auf diesen Reisen kennenlernen durfte. 

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