„Am Ende zählt, was man weiterbringt“

Was im ersten Halbjahr 2023 die größten Herausforderungen waren und warum die schwarz-blaue Koalition in Oberösterreich seit acht Jahren gut funktioniert, hat uns Landeshauptmann Thomas Stelzer im Interview erzählt.

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© Max Mayrhofer

Hohe Inflation, Teuerung, Arbeitskräftemangel – wir haben bei  Landeshauptmann Thomas Stelzer nachgefragt, was seitens der Landesregierung getan wird, um diese herausfordernden Zeiten auch weiterhin gut meistern zu können. 

Herr Landeshauptmann, das erste Halbjahr 2023 liegt hinter uns. Was waren für Sie in diesem Jahr bisher die größten Herausforderungen?

Mag. Thomas Stelzer: Der Kampf gegen die hohe Inflation gestaltet sich zäher als bisher angenommen. Die Teuerung belastet die Menschen in unserem Land auch weiterhin. Für uns als Landesregierung bleibt die zentrale Herausforderung daher, die Wirtschaftskraft, die Arbeitsplatzsicherheit und damit auch den Wohlstand zu erhalten. Oberösterreich soll ein Land der Möglichkeiten für alle sein, das auch für jene, die unsere Hilfe brauchen, ein dichtes und stabiles soziales Netz bereithält. Nur so können wir auch weiterhin unsere Position unter den TOP-50 wettbewerbsfähigsten Regionen in Europa behalten und auch ausbauen. 

In Oberösterreich ist bereits seit acht Jahren eine Koalition von ÖVP und FPÖ recht erfolgreich im Amt. Seit den letzten Landtagswahlen ist das nun auch in Niederösterreich und Salzburg der Fall, was teils heftig kritisiert wird. Warum funktioniert die Zusammenarbeit in OÖ? Haben Sie für Ihre Kolleginnen und Kollegen aus NÖ und Salzburg einen Rat?

Ich mische mich da von außen nicht ein. Ein Regierungsabkommen hängt von verschiedenen Rahmenbedingungen, vor allem von den handelnden Personen ab. Für eine Koalition muss man immer auch Kompromisse suchen. Am Ende zählt aber, was man gemeinsam weiterbringt. Das gelingt bei uns in Oberösterreich sehr gut. 

Ab 2023 werden jährlich 200 Millionen Euro für den OÖ Zukunftsfonds bereitgestellt. Wie werden diese Investitionen aufgeteilt. Was steht auf der Prioritätenliste ganz oben? 

Wie der Name schon sagt, wollen wir mit dem OÖ Zukunftsfonds jene Bereiche stärken, in denen sich die Zukunft entscheidet. Schwerpunkte sind dabei neben der Forschungsförderung auch die digitale Transformation, der Breitbandausbau oder die Energiewirtschaft. Dazu kommen beispielsweise auch Investitionen im Rahmen der Nachhaltigkeitsoffensive im Wohnbau oder in den öffentlichen Verkehr. 

Oberösterreich soll ein Land der Möglichkeiten für alle sein, das auch für jene, die unsere Hilfe brauchen, ein dichtes und stabiles soziales Netz bereithält.

Landeshauptmann Thomas Stelzer

Der Arbeitskräftemangel hat längst alle Wirtschaftsbereiche erfasst. Die Folge sind Einschränkungen bei Dienstleistungen in der Medizin, der Pflege, in den Schulen oder in der Gastronomie. Wird dieser Arbeitskräftemangel künftig nur mit qualifizierter Zuwanderung zu schaffen sein oder braucht es auch steuerliche Anreize?

Oberösterreich weist Ende Mai mit 3,5 Prozent die niedrigste Arbeitslosenrate aller Bundesländer auf. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch künftig notwendig sein wird, das bestehende Potenzial an Arbeitskräften zu mobilisieren und auch neue Potenziale zu erschließen. Dazu braucht es einerseits verbesserte Rahmenbedingungen, andererseits müssen wir auch den gesteuerten Zuzug qualifizierter neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern. Hier braucht es ein noch gezielteres Vorgehen, etwa bei Vereinbarungen mit möglichen Herkunftsländern oder einer noch mehr vereinfachten Rot-Weiß-Rot-Karte. Klar ist aber auch, dass Vollzeitarbeit wieder attraktiver sein muss. Steuerliche Anreize könnten etwa den Leistungswillen der Menschen belohnen. 

Der Trend am Arbeitsmarkt geht dennoch zur Teilzeitarbeit. Immer wieder wird betont, dass vor allem Frauen stärker am Arbeitsmarkt partizipieren und in Vollzeit statt in Teilzeit arbeiten sollen. Angesichts fehlender Kinderbetreuung bleibt aber oft keine Wahl. Wird es hier Verbesserungen geben?

Das Land Oberösterreich hat es sich zum Ziel gesetzt, Kinderland Nummer 1 zu werden. Dafür werden Schritt für Schritt die Voraussetzungen geschaffen: bedarfsorientierter Ausbau, neue Öffnungszeiten, kleinere Gruppen und modernste Einrichtungen. Allein im heurigen Jahr werden rund 100 zusätzliche Gruppen entstehen, die mehr als 1.500 Kindern einen Betreuungsplatz bieten. Gemeinsam mit den Gemeinden haben wir auch einen klaren Blick auf den Bedarf für ein Betreuungsangebot. Um den Eltern entgegenzukommen, werden etwa die Öffnungszeiten ausgeweitet. Gleichzeitig werden auch die Gruppen bewusst verkleinert. Dadurch bleibt mehr Aufmerksamkeit für die Kinder und ihre Bedürfnisse. 

In unserem Cover-Interview vor zwei Jahren haben Sie gesagt, dass die Pflege, gesellschaftlich gesehen, eine der größten Herausforderungen darstellt und dabei auf die Pflegereform hingewiesen. Vor Kurzem hat der Ministerrat das zweite Paket der Pflegereform beschlossen. Wie zufrieden sind Sie damit?

Wir haben uns hier neben Wien ganz stark in die Verhandlungen eingebracht. Das Pflegepaket trägt somit ganz klar die Handschrift Oberösterreichs. Für uns ist sehr erfreulich, dass wesentliche Forderungen der Länder endlich umgesetzt wurden. Ich denke da beispielsweise an die finanzielle Entlastung von pflegenden Angehörigen durch die Attraktivierung der 24-Stunden-Pflege oder an die Erleichterungen bei der Gewinnung von Fachkräften aus Drittstaaten. Das zeigt, wie wichtig es ist, über Bundesländer und Fraktionen zusammenzuarbeiten, um gute Ergebnisse für die Menschen zu erreichen. 

Langsam geht es in Richtung Sommerferien. Wo werden Sie heuer Ihren Urlaub verbringen und kann ein Landeshauptmann auch einmal komplett abschalten?

Wir werden einige erholsame Tage im Süden und am Meer verbringen. Aber informiert und up to date muss man trotzdem immer sein. 

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