Just do it

Mit einem der bekanntesten Werbeslogans der Welt hat sich Nike ein Denkmal gesetzt.

7 Min.

© Antje Wolm

Frei nach dem Motto: „Wer Großes schaffen will, muss einfach anfangen!“ Dass es dazu nie zu spät ist, weiß nicht nur Psychotherapeutin und Businesscoach Martina Eberhart, sondern bestätigen auch vier Frauen, die uns an ihrem Weg teilhaben lassen.

Insgesamt 30 Jahre lang war Martina Eberhart in der Wirtschaft tätig. Ein Burnout hat sie schließlich dazu bewogen, mit 48 Jahren ihr Leben komplett zu verändern und berufsbegleitend eine Psychotherapieausbildung zu absolvieren. „Das Leben ist stetiger Wandel, daher ist es am besten, diesen aktiv anzugehen. Wie man das schaffen kann und warum es wichtig ist, mit sich selbst gut verbunden zu sein“, erklärt die 59-Jährige, die in Altenberg bei Linz als Psychotherapeutin und emotionsfokussierter Businesscoach tätig ist, im Interview.

Frau Eberhart, Sie waren 30 Jahre lang im Bankenbereich tätig, was hat Sie dazu motiviert, mit 48 Jahren eine Psychotherapieausbildung anzugehen?
Mein Burnout. Ich war damals schon längere Zeit unzufrieden in meinem Job in der Bank, war unsicher und hatte Selbstzweifel. Dazu kam der Leistungsdruck, den ich mir selbst gemacht habe. Das alles hat mich ins Burnout getrieben. Und dann gab es den Moment, wo ich am Boden gelegen bin und eine innere Stimme zu mir gesagt hat: Entweder du bleibst jetzt liegen und stirbst, oder du stehst auf und nimmst endlich dein Leben in die Hand. Ich habe mich fürs Aufstehen entschieden. Rückblickend war das für mich ein ganz besonderer Moment, der mein Leben komplett verändern sollte. 

Wie lange hat es gedauert, bis Sie mit der Ausbildung zur Psychotherapeutin begonnen haben?  
Das hat schon eine Zeit lang gedauert. Als ich im Burnout war, bin ich durch Zufall zur Kunsttherapie gekommen und habe in diesem Bereich auch eine Ausbildung gemacht. Die Psychotherapieausbildung habe ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugetraut, weil es ein langes Studium ist und es auch einige bürokratische Hürden zu überwinden gab. Trotzdem habe ich durch die Kunsttherapie gemerkt, dass es mein Weg ist, Psychotherapeutin zu werden. Drei Jahre später, kurz vor meinem 50. Geburtstag, habe ich dann mit der Psychotherapieausbildung in Wien begonnen. Da habe ich es mir endlich zugetraut und gesagt, jetzt mache ich es. 

Wie hat Ihr näheres Umfeld darauf reagiert? 
Die Reaktionen waren gemischt. Erstaunlich war, dass ich von Kolleginnen und Kollegen in der Bank, wo ich noch Teilzeit gearbeitet habe, durchwegs positive Reaktionen bekam. Es gab sicher einige, die wahrscheinlich auch gerne etwas anderes gemacht hätten und für die ich ein Vorbild war. Im näheren Umfeld gab es aber auch Menschen, die sich zurückgezogen oder meine Entscheidung negiert haben. 

Gab es auch Durststrecken während der Ausbildung, wo Sie ans Aufhören dachten?
Klar gab es die. Zum Beispiel beim Propädeutikum, dem ersten Teil der Psychotherapieausbildung, und auch beim Fachspezifikum gab es Momente, wo ich mir gedacht habe, jetzt reicht es. Geholfen hat, dass ich Mitstreiterinnen und Mitstreiter hatte, die im selben Boot gesessen sind wie ich und wir uns gesagt haben: „Eine Prüfung noch, und dann haben wir es geschafft.“ Aber ich habe meine Entscheidung, diese Ausbildung zu machen und mich zu verändern, nie mehr infrage gestellt. 

Heute sind Sie als Psychotherapeutin und emotionsfokussierter Business-
coach tätig. „Just do it“, das hört sich einfach an. In der Praxis ist es oft aber gar nicht so einfach, ins Tun zu kommen. Wie sollte man das angehen?

Am Weg zum Ziel wird es immer wieder Momente geben, in denen einem etwas nicht gefällt, aber solange man die Freude nicht verliert oder im schlimmsten Fall depressiv wird, sollte man nicht aufgeben. Wichtig ist, dass man immer radikal ehrlich zu sich selbst ist. Dass man sich Zeit nimmt und resümiert, wo man steht. Hilfreich ist es, sich Notizen zu machen und zu hinterfragen: Was ist gut in meinem Leben, was nicht? Was habe ich für meinen Job, für meine Familie auf die Seite gestellt? Wofür brennt mein Herz? Wenn man sich für ein Vorhaben entschieden hat, dann ist es gut, dieses in Schritte einzuteilen, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Entwicklung dauert, man kann sich nicht selbst überholen. Es muss das innere Wachstum immer mit dem äußeren Wachstum Schritt halten können.

Was sind die größten Hürden am Weg vom ersten Schritt hin zum Ziel? Wie kommt man ins Tun? 
Es gibt oft Ängste, negative Glaubenssätze oder Prägungen, die uns davon abhalten, ins Tun zu kommen. Diese negativen Einflüsse verhindern auch, mit unserem innersten Kern, unseren Fähigkeiten und Talenten in Berührung zu kommen und diese zu leben. Das aufzulösen ist oft ein längerer Prozess und braucht Zeit.

Eine Veränderung, beruflich oder privat, ist oft mit großen Selbstzweifeln und Ängsten verbunden. Wo holt man sich am besten Hilfe – im nahen Umfeld oder bei jemand von außen?
Selbstzweifel sind ein natürlicher Teil des Veränderungsprozesses und völlig normal. Wenn sie jedoch regelmäßig auftreten und uns daran hindern, Fortschritte zu machen, müssen wir genauer hinschauen. Es könnte sein, dass ein Entwicklungstrauma in den ersten Lebensjahren die Entwicklung eines Erwachsenen beeinflusst. Veränderungen brauchen Zeit. Wichtig ist, aktiv an der eigenen Veränderung zu arbeiten und sich immer wieder zu hinterfragen, was man braucht und was einem guttut. Freunde, die offen sind, können eine wertvolle Unterstützung sein, sofern sie nicht unterschwellig von denselben Themen betroffen sind. Auch ein neutraler Experte kann helfen, sich selbst besser zu verstehen und den eigenen Weg zu finden, ohne von den Ängsten oder Unsicherheiten anderer beeinflusst zu werden.

Viele kennen das: Wir sind hochmotiviert, gehen ein Projekt an, und dann kommt eine Zeit, wo es schwierig ist weiterzumachen oder man sogar ans Aufhören denkt. Was soll man in so einem Fall machen?
Hier sollte man prüfen, ob es sich um ein immer wiederkehrendes Muster handelt. Neigt man dazu, Projekte immer dann aufzugeben, wenn es schwierig wird, sollte man genauer hinschauen, denn das Nicht-Fertigstellen von Aufgaben kann ein Vermeidungsverhalten sein, hinter dem z.B. Angst vor Versagen, ein geringes Selbstwertgefühl oder Ähnliches stehen kann. Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die Dinge trotz mangelnder Energie oder Ressourcen partout zu Ende bringen wollen, obwohl sie nicht mehr können. Auch das kann ein wiederkehrendes Muster sein, das genauer hinterfragt werden sollte. 

Ab November bieten Sie ein Programm, mit dem Sie Frauen zwölf Monate lang professionell begleiten. Sind, Ihrer Erfahrung nach, Männer mutiger bzw. selbstbewusster als Frauen, wenn es darum geht, sich etwas zuzutrauen?
Tendenziell ja, denn es gibt immer noch traditionelle Rollen und Klischees in Familien, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Diese Rollenprägung beeinflusst die Entwicklung eines Menschen in den entscheidenden ersten Lebensjahren. Wenn in der Kindheit nicht angemessen auf die Bedürfnisse eingegangen wird, können Überlebensstrategien entstehen, bei denen sich die Person ständig um andere kümmert, besonders lieb, angepasst oder lustig ist, um es allen recht zu machen, anstatt sich um ihre eigenen Bedürfnisse zu kümmern. Das kennen sicher viele Frauen und es führt dazu, dass sie sich nicht in der Lage fühlen, ihre eigenen Bedürfnisse zu identifizieren und zu befriedigen. 

Sie haben einen bemerkenswerten Weg zurückgelegt. Was haben Sie daraus gelernt?
Dass persönliches Wachstum einen kontinuierlichen Prozess darstellt, der nicht abrupt endet. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir uns unser ganzes Leben lang entwickeln, bis zu unserem letzten Atemzug. Die Veränderung hört nie auf. Menschen entwickeln sich weiter und ihre Bedürfnisse ändern sich im Laufe der Zeit.

UNSER TIPP:

Ab November 2023 bietet Martina Eberhart unter dem Titel
„Wachstum durch Emotionen“ zwölf Monate professionelle Begleitung für Frauen im privaten wie auch im Business-Kontext an. Infos: www.martina-eberhart.at

4 Tipps, wie man ins Handeln kommt:

  • Seien Sie mutig und seien Sie radikal ehrlich zu sich selbst. Fragen Sie sich, wo Sie wirklich stehen und wie es Ihnen geht! 
  • Sagen Sie sich: „Ich schaue jetzt genau hin“ und holen Sie sich Unterstützung, sobald Sie erkennen, dass Sie etwas verändern möchten und daran zweifeln. 
  • Beginnen Sie in kleinen Schritten. Vermeiden Sie, alles radikal ändern zu wollen. Radikale Ehrlichkeit bedeutet, die Realität anzuerkennen, ohne sie schönzureden.
  • Beginnen Sie in kleinen Schritten. Vermeiden Sie, alles radikal ändern zu wollen. Radikale Ehrlichkeit bedeutet, die Realität anzuerkennen, ohne sie schönzureden.

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